Wege zur Freundschaft, Buch über das Jagdverhalten beim Hund von Ulli Reichmann

Hm… naja, OK.

Da ich ja nicht nur Grafikerin bin, sondern auch Hundetrainerkollegin, die großen Wert auf fairen und positiven Umgang mit dem Hund legt, habe ich natürlich eigene Vorstellungen, was ein Hundebuch mitbringen sollte, vor allem dann, wenn es um unerwünschtes Verhalten geht, welches man „abstellen“ möchte.  ;-)
Und so ließ ich mir das Skript schicken und begann zu lesen… Leider konnte ich damit nicht mehr aufhören, bis ich am Ende war – und für mich stand fest: Ja, das Ding mache ich! Ulli Reichmann nimmt den Leser in ihrem Buch „Wege zur Freundschaft“ auf eine Reise mit, auf der sie ihren ganz eigenen Weg zum Umgang mit jagenden Hunden finden durfte und an dessen Ende so mancher Hundehalter seinen Hund wahrscheinlich mit ganz anderen Augen sehen dürfte.

In mehreren – aufeinander aufgebauten Kapiteln beschreibt Ulli Reichmann ihren Weg:

• Proglog:
  die Vorgeschichte wie aus unkontrollierbarem Jagdtrieb ihrer Hunde „ihre“ Methode wurde
• Kapitel 1: Unterschiedliches Jagdverhalten
  hier beschreibt die Autorin unterschiedliche Rassen, und was diese Rassen für das Training mitbringen
• Kapitel 2: Aufbau des Trainings
  in diesem Kapitel erfährt man die Grundlagen und wie man beginnt mit dem Hund zu kommunizieren
• Kapitel 3: Hunde und ihre Menschen
  Fallbeispiele und Erfahrungsberichte finden hier ihren Platz.
• Kapitel 4: Zusammen Leben

Ulli Reichmann erklärt ihr grundsätzliches Verständnis für die Art des zusammen „sein“ mit Hunden. Zu erwähnen sei noch ein Fragenteil („Was mache ich wenn…..?“). Quellenangaben werden hier nicht benötigt, da alles was in diesem Buch steht von Ulli Reichmann über Jahre hinweg beobachtet, aufgeschrieben und erarbeitet wurde. Es ist „Ihr“ Buch.

Die Begegnung mit einem Falkner veränderte ihre Sichtweise über jagende Hunde dermaßen, dass sie, nachdem sie den einen Schritt in diese – vollkommen andere – Welt getan hat, nicht mehr aufhören konnte, immer weiter und tiefer darin einzutauchen bis sie ihren ganz eigenen Weg gefunden hatte.
Dieser Weg unterscheidet sich grundlegend von herkömmlichen Methoden, das Jagdverhalten kontrollierbarer zu machen. Die Autorin beschreibt sehr anschaulich, wie unterschiedliche Hunde unterschiedliche Jagdstrategien verfolgen und wie man diese nutzen kann, um so zusammen als Team mit seinem Hund gemeinsam Erfolge zu erzielen, die der Hund tatsächlich als Erfolg wertet – ohne dass hierfür irgendeinem Tier Leid oder Schaden zugefügt wird.

Dabei verzichtet Ulli Reichmann komplett auf Umkonditionierung von Verhalten, auf Druckaufbau, auf Ersatzhandlungen. Klingt unmöglich? Ist es ganz und gar nicht. Natürlich nutzt sie Verhaltensverstärker – und das in sehr hohem Maß – aber auf andere Art und Weise, wie man es von herkömmlichen Beschreibungen dieser Problematik kennen mag. Das klassische Antijagdtraining benötigt zum Beispiel einen „Voraufbau“ in Form von gut trainierten Bestandteilen wie ein Stopp (Geschirrgriff), ein Umorientierungssignal,  das Ankersignal, kurz – gut bis sehr gut sitzendem Grundgehorsam Bei der von Ulli Reichmann beschriebenen Methode, sind diese Dinge abgewandelt auch zu finden wie z.B. der Richtungswechselpfiff (Umorientierung). Für mich besteht der wesentliche Unterschied darin, dass bei Ulli keine Vorarbeit nötig ist, man arbeitet sofort mit dem Hund, da wo „es“ passiert. Natürlich findet mit der Zeit auch eine Konditionierung statt, aber diese wird eben nicht im Vorfeld auftrainiert, sondern erhält ihre Verstärkung durch sofortiges Belohnen durch die Umwelt, kombiniert mit (für dem Hund sehr stark belohnendem) Interesse für das Handeln des Hundes. Und es funktioniert.
Dabei betont sie immer wieder, dass es unabdingbar ist, sich für seinen Hund zu sensibilisieren, ihn lesen zu lernen und vor allem: Sich auf seine Sichtweise der Welt einzulassen. Kurzweilig, teilweise in Erzählform, beschreibt Ulli Reichmann die Herangehensweise und die Grundlagen des Trainings.

Man findet in diesem Buch keine strikte Trainingsanleitung, die man durcharbeiten muss, sondern wird angehalten nicht gegen, sondern mit der Biologie seines Hundes zu arbeiten. Auch das Fordern von unabdingbarem Gehorsam findet hier keine Plattform.

Fazit:

Die Autorin ermuntert immer wieder, den ganz eigenen, persönlichen Weg mit SEINEM Hund zu finden und untermauert das durch zahlreiche Berichte aus ihren Kursen und Trainings. Und das ist ihr, finde ich, sehr gut gelungen. Ich bin stolz, dass ich an der Entstehung dieses Buches meinen Anteil haben durfte – Easy Dogs Insidertipp

Ach ja – zum Anteil: Falls jemand den einen oder anderen Fehler im Buch findet, liegt es nicht daran, dass ich eine grottige Lektorin wäre, sondern ist dem Umstand geschuldet, dass ich nicht aufhören konnte, weiter zu lesen und mein eingebauter „Wortscanner“ regelmäßig vollkommen deaktiviert war.