Vier gewinnt!, Buch über die Hundeerziehung von Celina del Amo
DIE QUINTESSENZ DER HUNDEERZIEHUNG
Celina del Amo, CreateSpace Independent Publishing Platform
Ich habe darum gebeten, dieses Buch rezensieren zu dürfen – allein wegen des Titelbildes. Ich liebe es, mich mit den vier Quadranten zu beschäftigen und daher war mein Interesse geweckt! Aber schon im Vorwort lese ich, dass es um etwas ganz anderes geht – nämlich um vier Übungen für einen alltagstauglichen Hund.
Bei “Vier gewinnt” handelt es sich um ein Programm, dass auf das Wesentliche reduziert ist und daher einfach umzusetzen sein soll.
Übung 1 – Blickkontakt zum Besitzer aufnehmen
Es werden zwei Varianten vorgestellt.
Die erste fängt den Blickkontakt des Hundes zu Menschen ein, bei der zweiten wird dieses Verhalten unter Signal gesetzt. Die Anleitung für die zweite Variante empfinde ich als etwas missverständlich. Ich könnte mir vorstellen, dass es dem normalen Hundehalter schwer fällt nachzuvollziehen, wann genau er das Hörzeichen, z.B. “Guck mal”, geben soll. Das geht aus der Anleitung nicht hervor. Soll er es geben, wenn der Hund schon den Menschen anschaut oder kurz davor? Oder handelt es sich um eine klassische Konditionierung wie z.B. die des Clickers, bei der der Hund einfach nach dem Hörzeichen die Belohnung bekommt, egal, wohin er gerade schaut und man dann über den Futterpunkt den Blickkontakt auslöst? Ich vermute Letzteres, wenn ich die Trainingstipps auf Seite 18 lese: “Wir trainieren eine Kopplung und nicht (…) eine Handlung.
In den Trainingstipps bekommt der Leser auch wichtige Hinweise zur Qualität der Belohnung, über richtiges Timing und den Einsatz der Ablenkungen.
Insgesamt ist das Kapitel gut verständlich geschrieben.
Übung 2 – Etwas abgeben bzw. aus der Schnauze auslassen
Die Autorin geht zunächst auf die Notwendigkeit dieser Übung ein und erläutert, welche Folgen es haben kann, wenn wir unserem Hund etwas wegnehmen (wollen). In den Trainingsregeln wird auf die Wichtigkeit des kompletten Neuaufbaus der Übung hingewiesen, wenn der Hund zuvor schon negative Erfahrungen mit dem Wegnehmen durch den Menschen gemacht hat.
Ziel soll sein, dass der Hund von nun an das Gefühl hat, etwas Tolles zu erhalten, anstatt dass ihm etwas Wertvolles weggenommen wird.
In der ersten Übungsvariante wird ein Tauschgeschäft durchgeführt. Es wird erklärt, welche Utensilien man benötigt und wie die ersten Trainingsschritte aussehen. Hier fehlt mir ein Hinweis darauf, dass man diese Übung NICHT mit Hunden durchführen sollte, die ein Problem mit der Verteidigung von Futter haben. Immerhin hält der Mensch die Ressource fest, während der Hund daran kaut – das kann im schlimmsten Fall zu Bissverletzungen führen.
(Anmerkung: Auf Seite 46 findet sich der entsprechende Querverweis, den ich – wie evtl. viele andere Leser, erst zum Ende lese: Hier wird empfohlen, bei bereits vorhandenem aggressivem Verhalten neben dem Vier gewinnt!-Programm “zielgerichteter” an dem Problem zu arbeiten und dafür einen Tierarzt (ggf. mit Zusatzausbildung Verhaltenstherapie) zu Rate zu ziehen. Ich würde einem Leser, dessen Hund aggressives Verhalten in Zusammenhang mit Ressourcen gezeigt hat, komplett von dieser Übung abraten, da die Gefahr zu groß ist, dass es zu einem Biss kommt und das Aggressionsverhalten sich noch verschlimmert. Weiterhin frage ich mich – als gut ausgebildete Hundetrainerin – weshalb die Empfehlung sich nur auf einen Tierarzt beschränkt und nicht auf sehr gut ausgebildete, gewaltfrei arbeitende und erfahrene Hundetrainer im Allgmeinen, ganz gleich, ob Veterinär oder nicht.
Weiterhin würde ich mir in der Übungserklärung noch weitere Trainingsschritte wünschen, denn hier wird lediglich beschrieben, dass der Mensch dem Hund das Tauschobjekt bereits vor die Nase hält, damit die eigentliche Ressource “ausgegeben” wird. Für mich wäre es wichtig, dass der Hund den jeweiligen Gegenstand auch hergibt, wenn er das Tauschobjekt noch nicht gezeigt bekommt – also alleinig auf Signal. Denn häufig sind Alltagssituationen so, dass der Hund entfernt vom Menschen – z.B. beim Spaziergang – irgendwo etwas Ungesundes findet und wir Menschen manchmal gar nicht schnell genug beim Hund sein können.
Der “Feinschliff für die Trainingsvarianten” dieser Übung gefällt mir sehr gut!
Er ist nachvollziehbar und kleinschrittig erklärt, so dass ihn jeder gut umsetzen kann.
Übung 3 – Rückruf
Schön erklärt wird, weshalb das Kommen auf Signal oft nicht gut gelingt, obwohl es doch meist die wichtigste Übung für Mensch und Hund ist.
Beide Übungsvarianten sind einfach (auch anfangs drinnen für die kalte Jahreszeit) umsetzbar und nachvollziehbar erklärt. Hält der Leser sich an die Erklärungen, können ihm nicht viele Fehler passieren, so dass der Aufbau eines gut funktionierenden Rückrufs gelingen wird.
Die Erläuterungen rund um dieses Thema, z.B. die Empfehlung, eine Pfeife zu verwenden, runden die Sache ab.
Übung 4 – Berührungen angst- und aggressionsfrei umsetzen
Zu diesem Thema möchte ich eine persönliche Anmerkung machen:
Meine Freundin ist Tierärztin und sie berichtet häufig, wie sehr ihr das Herz blutet, wenn sie tagtäglich verängstigte und/oder hochgestresste Hunde auf ihrem Behandlungstisch hat, die sich manchmal so sehr wehren, sodass sie sie kaum behandeln kann. Meine Freundin würde sich wünschen, dass jeder Hundebesitzer von Anfang an mit seinem Hund übt, sich auch von anderen Personen gern anfassen zu lassen.
Weiterhin kann es jedem Hund auch unabhängig vom Tierarztbesuch passieren, dass er von seiner Bezugsperson oder von Fremden (aus Versehen) mal grob angefasst oder berührt wird. Hat der Hund aber gelernt, dass solche Situationen normal sind bzw. schon vorher mit etwas Positivem verknüpft, ist ein solches Malheur weniger dramatisch und führt vor allen Dingen auch nicht dazu, dass der Hund beispielsweise vor Schreck schnappt.
Deshalb finde ich es toll, dass in diesem Buch das Thema behandelt wird!
Der Übungsaufbau wird auch hier wieder gut nachvollzieh- und einfach umsetzbar beschrieben.
Dabei wird der Leser über die Relevanz dieser Übung anhand verschiedener Beispiele aufgeklärt, die ihm (hoffentlich) die Wichtigkeit dieses Themas nahe bringen und ihn zum Üben animieren. Auch diese Übung kann ohne Aufwand und zu Hause absolviert werden, so dass sie sich auch für die kalte und nasse Jahreszeit eignet.
Verweise und Ergänzungen
In den Erklärungen der vier Übungen finden sich einige Querverweise, die in hier erläutert werden.
Die Autorin schreibt zunächst über wichtige Vorraussetzungen, die es braucht, um gute Trainingserfolge zu erzielen – vor allem, dass der Hund physisch und psychisch gesund sein muss. Sehr gut finde ich in diesem Zusammenhang den Hinweis, dass das Programm auch bei “Problemhunden” durchgeführt werden kann und auf welche Besonderheiten in diesem Zusammenhang geachtet werden muss.
Der zweite Punkt bezieht sich auf den Einsatz der Verstärker und erklärt, weshalb und in welcher Form Futter als Belohnung besonders gut geeignet ist.
In diesem Zusammenhang erläutert das Buch andere Verstärker und klärt darüber auf, welche in welchem Kontext sinnvoll sind und wie man ihre Wertigkeiten einzuschätzen hat. Dieser Abschnitt sollte jedem Hundebesitzer an die Hand gegeben werden, denn häufig besteht eine innere Blockade, überwiegend Futter als Verstärker einzusetzen, da viele Menschen befürchten, zum Futterautomaten degradiert zu werden bzw. ihr Hund nur wegen des Futters, aber nicht wegen der guten Bindung, eine Aufgabe bewältige.
Wünschenswert wäre hier noch der Hinweis, was der Hundebesitzer tun sollte, wenn sein Hund im Training kein Futter nimmt (Ablenkung, Stress, Gesundheit etc.).
FAZIT:
Die vier beschriebenen Übungen sind wirklich sinnvoll, um ein harmonisches Leben mit dem Hund zu haben!
Die Autorin hat ein einfaches, kurzweiliges Büchlein geschaffen, das insbesondere auch für Ersthundehalter geeignet ist.
Es ist gut verständlich geschrieben und die Übungen sind leicht umsetzbar. Ich könnte mir vorstellen, dass der Aufbau der Übungen noch anschaulicher wäre – und dem Leser noch mehr Spaß machen würde, wenn dieser anhand von Bildern dargestellt würde- Easy Dogs Insidertipp
Auf Seite 57 findet sich noch der Hinweis, dass es eine Online-Unterstützung zum Buch gibt. Bei einem Blick auf den Link und Ansehen des ersten Videos, in dem Celina del Amo das Buch vorstellt, empfinde ich dieses Angebot als sehr positiv.
Es gibt hier zusätzlich auch Tipps für Trainer, wie sie das Vier gewinnt!-Programm in ihr Training einbinden können – tolle Idee. Dieses Onlineangebot bedarf aber zur endgültigen Beurteilung einer detaillierten Ansicht und wäre dann Inhalt einer neuen Rezension.
VERLAGSINFO:
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- Autorin: Celina del Amo
- Verlag: CreateSpace Independent Publishing Platform (14. August 2017)
- Umfang: 62 Seiten
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-1547247592
- Format: 15,2 x 22,9 cm
- Preis: 7,90 €
Dieses Buch ist tatsächlich der Trainings-Shortcut zum alltagstauglichen und braven Hund. Und das mit nur vier Übungen. Diese haben es aber wirklich in sich.
Nur vier Übungen? Keine komplizierte Wissenschaft und keine Darstellung einer neuen und angeblich alleinig wirksamen Methode? Das soll reichen?
Na klar, denn Hundetraining kann auch ganz einfach sein – und effektiv oder besser gesagt: Es kann ganz einfach effektiv sein!
Kann der Hund danach alles? Nein, natürlich nicht. Das Vier gewinnt!-Programm beschränkt sich auf die absoluten Kernpunkte. Mehr geht immer, aber mit diesen vier wichtigsten Übungen ist man im Zusammenleben mit dem Hund perfekt für den Alltag gerüstet. Fast alle Situationen sind bei konsequenter Umsetzung dieser Übungen mit dem Hund zu meistern. Absolut jeder Hund kann und sollte diese Übungen lernen!
Ran an den Speck, es gibt keine Ausreden mehr!