…und wenn es doch Liebe ist?
NEUES ZUR HUND – MENSCH – BEZIEHUNG
Clive D.L. Wynne – Kynos Verlag
“….und wenn es doch Liebe ist?” – was für ein Buchtitel! Ich gestehe, als ich den Titel das erste Mal gehört habe, habe ich tatsächlich ein bisschen Gänsehaut bekommen. Ich liebe meine Hunde und ich denke ich trete Ihnen nicht zu nahe, wenn ich annehme sie fühlen genauso. Und ja, in meinem Leben gab und gibt es immer wieder Momente, in welchen ich der Meinung bin, meine Hunde würden mich auch lieben. Tatsächlich gibt es mindestens genauso viele Momente, in denen ich mir sage „Nein Christine, Liebe ist ein großes Wort. In der Beziehung zwischen Hund und Mensch von Liebe zu sprechen, ist doch ein bisschen vermessen.“ Und dann kommt so ein Titel und der gerade gezeigte Widerspruch ist sofort wieder da. Oh ja, lass es Liebe sein – aber nein, das ist doch objektiv betrachtet nicht möglich, oder doch?
Nun ein erster wichtiger Hinweis darauf, dass “…und wenn es doch Liebe ist?” ein Buch ist, dem man gerne mit einer gewissen Skepsis, aber mit mindestens genauso großer Neugierde gegenübertreten darf, ist die Ausbildung des Autors: Dr. Clive D. L. Wynne ist Professor der Psychologie und Experte für Hundeverhalten.
Er hat an verschiedenen Universitäten geforscht und gelehrt, seit 2013 ist er Leiter des Canine Science Collaboratory an der Arizona State University. Außerdem ist er Forschungsleiter des Wolfsparks in Battle Ground, Indiana. Das heißt, hier hat ein gestandener Wissenschaftler ein Buch geschrieben. Jemand der weiß, wie Forschung funktioniert, jemand bei dem man wohl mit Fug und Recht behaupten darf, wenn er eine Aussage tätigt, kann er diese auch beweisen.
Ist “…und wenn es doch Liebe ist?” also eine trockene wissenschaftliche Abhandlung?
Nein, ich finde ganz und gar nicht.
Es ist ein Buch, das aus meiner Sicht viele unterschiedliche Ebenen beinhaltet und durch ganz unterschiedliche Brillen gelesen werden kann. Da ist einmal die Geschichte eines Wissenschaftlers, der an einem bestimmten Punkt in seinem Leben merkt: “ich habe da eine Frage: „Empfinden Hunde uns Menschen gegenüber Liebe?“” und versucht eine Antwort auf diese Frage zu erhalten. Ein Wissenschaftler der sich immer wieder in Frage stellt, der zweifelt, der, wie ich meine, am Anfang seiner Arbeit ab und an sogar an seiner Fragestellung zweifelt und der im Laufe der Zeit immer sicherer wird. Der merkt, dass seine Fragestellung nicht nur berechtigt, sondern auch wichtig ist und der im Zusammenspiel mit Kolleg*innen auf der ganzen Welt immer neue wichtige Puzzleteile zusammenträgt, die seine Fragestellung schlussendlich zu einem positiven Abschluss bringen. Ein Wissenschaftler, der uns teilhaben lässt an seinem Leben und an seinen Gefühlen und der in sehr berührender Weise immer wieder kleine Begebenheiten aus seinem Zusammenleben mit Xephos, seiner Hündin, ins Buch einfließen lässt. Wer das Buch durch diese Brille betrachtet, liest, so empfinde ich das, einen Roman der einen Teil der Lebensgeschichte Clive Wynnes erzählt.
Aber “…und wenn es doch Liebe ist?” kann, wie bereits angekündigt, noch einiges mehr. Das Buch beinhaltet eine Vielzahl an unterschiedlichen Forschungsarbeiten, die rund um den Hund und seinen nahen Verwandten dem Wolf gemacht wurden. Dabei erklärt Wynne auf anschauliche Art und Weise, ohne dass es dabei banal oder verkürzt wirkt, unterschiedliche Forschungsansätze, einige die er selbst auf den Weg gebracht hat und viele die von Kolleg*innen erdacht und durchgeführt wurden. Wynne nimmt uns, wenn wir uns dem Buch aus diesem Blickwinkel nähern, mit auf die Reise durch eine Welt, die wahrscheinlich für viele von uns oft recht weit? weg ist: Die Welt der Forschung rund um den Hund. Und ich finde es gelingt ihm auf sehr charmante Art und Weise, Fragestellungen zu erläutern, den Forschungsaufbau zu beschreiben und zu erläutern, wie die daraus gewonnenen Erkenntnisse gelesen werden können. Gemeinsam mit Wynne reisen wir um die Welt, beschäftigen uns mit Wölfen in einem österreichischen Wolfszentrum, freilebenden Hunden in Russland, bereisen den Nahen Osten, Kanada usw. Gemeinsam mit dem Buchautor besuchen wir „Chaser, den schlausten Hund der Welt“, machen einen Ausflug in die Bindungstheorie und erhalten Einblick darüber wie auch die Genforschung einen wichtigen Beitrag leistet, der Wynnes These „Es ist Liebe“ auf vielen unterschiedlichen Ebenen, bestätigt.
FAZIT:
„…und wenn es doch Liebe ist?“ ist eine Hommage an die Hunde der Welt, an Rassehunde genauso, wie an Mischlinge. Clive Wynne bricht eine eindrückliche Lanze für Tierheimhunde und er scheut sich nicht, uns eindrücklich darauf aufmerksam zu machen, dass wir im Umgang und im Zusammenleben mit unseren Hunden, immer respekt- und liebevoll bleiben sollten. „…und wenn es doch Liebe ist“ erzählt von der Fähigkeit der Hunde uns Menschen? zu lieben, aber Wynne macht uns auch klar, dass Liebe kein Selbstläufer und keine Einbahnstraße ist. Unsere Hunde haben die wunderbare Fähigkeit uns zu lieben, wir haben das Privileg aber auch die Aufgabe diese Liebe anzunehmen und zu erwidern – Easy Dogs Insidertipp!
VERLAGSINFO:
- Hier kaufen
- Autor: Clive D.L. Wynne
- Verlag: Kynos Verlag
- Umfang: 288 Seiten
- Sprache: deutsch
- ISBN: 978-3954642052
- Preis: 24,95 €