Die vielseitigen Möglichkeiten und Einsatzzwecke des Targettrainings
“Es gibt immer tausend Wege eine Übung aufzubauen – fünfhundert davon sind tierschutzrelevant. Es bleiben noch fünfhundert übrig, die wir nutzen können.”
(Viviane Theby)
TARGETTRAINING MIT HUNDEN – WAS IST DAS ÜBERHAUPT?
Targettraining ist von den fünfhundert übrig geblieben Wegen eine große Gruppe, über die nachzudenken und die zu nutzen sich häufig lohnt. „Target“ ist ein englisches Wort und heißt „Ziel“. Im engeren Sinne bedeutet das, dass der Hund lernen soll, mit einem Körperteil einen Gegenstand (das Ziel) oder ein Körperteil des Menschen zu berühren.
Damit kann man schon sehr viele interessante Aufgaben elegant trainieren. Im weiteren Sinne ist Targettraining noch viel mehr: Der Hund lernt, mit oder bei einem Gegenstand bzw. Körperteil etwas zu tun oder zu einem Ziel zu laufen. Damit wird es richtig spannend und man kann sehr komplexe und nützliche Verhaltensweisen trainieren.
Der große Vorteil, Übungen über Targettraining aufzubauen besteht darin, dass die Aufgabe sehr klar definiert ist, nämlich “berühre Gegenstand/Körperteil x mit deinem Körperteil y“, und es dadurch dem Trainer leicht fällt, das richtige Verhalten zu erkennen und zu bestärken. Dadurch wiederum ist dem Hund die Aufgabe sehr klar und er lernt leicht und schnell.
Schauen wir uns die einzelnen Möglichkeiten im Detail an:
TARGETTRAINING FÜR EINSTEIGER – TARGETTRAINING IM ENGEREN SINNE
Ein weiterer praktischer Vorteil des Targettrainings ist, dass aus scheinbar einfachen Übungen schnell „mehr“ entwickelt werden kann. So kann aus dem Pfötchengeben durch das Training der Dauer ein langes Pfötchengeben werden und durch den Aufbau von Ablenkung (ich berühre dich gleichzeitig mit der anderen Hand, jemand anderes berührt dich gleichzeitig) kann ein stressfreies Blutabnehmen beim Tierarzt entwickelt werden.
Noch ein Vorteil von Targettraining: viele Übungen sind hervorragend dazu geeignet, um den Beginn eines neuen Verhaltens auszulösen. So kann aus dem Nasentarget ein schönes “Bei Fuß gehen” entwickelt werden, indem man dem Hund beibringt, erst das Target im Stand zu berühren, dann sich zu ihm hin zu bewegen und es zu berühren und ihm schließlich zu folgen, ohne es zu berühren. Später kann dann die ursprüngliche Targethand weiter oben gehalten zum Signal für das “Bei Fuß gehen” werden.
Auch andere Körperteile des Menschen können für den Hund ein Target sein. So kann man das “Bei Fuß gehen” auch als Hundeschulter an Menschenknie Targetübung aufbauen. Oder den Hund zwischen den Beinen des Menschen mit den Vorderpfoten auf den Schuhen des Trainers balancierend als anspruchsvolles Tricktraining. Das wäre auch schon ein Beispiel für zwei Targets auf einmal, da ja beide Vorderpfoten des Hundes ein eigenes Target haben. Wer es noch anspruchsvoller haben möchte, kann auch drei Targets gleichzeitig abrufen und z.B. noch zusätzlich die Hand für ein Nasentarget hinhalten. Da sieht man dann den Hundekopf förmlich rauchen…
Was ist nun alles mit dem Berühren von Gegenständen möglich? Der Klassiker hierbei ist auch wieder das Nasentarget. Es wird häufig mit einem Targetstab oder einer Fliegenklatsche trainiert. Damit kann man den Hund wunderbar dirigieren und ihm zum Beispiel dann das “sich um die eigene Achse Drehen” beibringen.
Viele kennen auch noch das Vorderpfotentarget. Dabei berührt der Hund mit einer oder beiden Vorderpfoten ein Stück Teppich, einen Bierdeckel oder einen Gummiteller. Damit kann man den Hund, wenn man die Entfernung mit einbaut, an verschiedene Orte schicken und dort stationieren, wenn man vorher noch die Dauer des Berührens auftrainiert hat. Sind zwei oder mehr Targets im Spiel, kann man den Hund auch von einem zum anderen Target schicken.
Praktische Anwendungen davon gibt es viele. So kann der Hund damit z.B. lernen, auf seine Decke zu gehen und frühzeitig kombiniert mit einem Platz-Signal dort auch direkt abzuliegen. Wird als Signal für diese Übung auch noch die Türglocke eingeführt, hat man einen Hund, der sich bei jedem Klingeln an der Tür auf seine Decke legt! Oder der beim Essen problemlos in sein Hundebett geschickt werden kann.
Über ein Hinterpfotentarget ist sehr schön ein gerades Rückwärtsgehen vom Menschen weg trainierbar, indem das Target immer weiter weg gelegt wird. Sehr anspruchsvolles Tricktraining wird es dann, wenn das Hinterpfotentarget auf eine schräge Ebene und schließlich an einer Wand angebracht wird. Der Hund läuft dann rückwärts mit den Hinterpfoten die Wand hoch und kann mit entsprechendem Körperbau, Geschicklichkeit, Kraft und viel Übung so den Handstand lernen.
Bringt man dem Hund bei, als Target ein Post-it zu berühren, kann man seinen Hund damit durch die ganze Wohnung schicken, ihm das Schließen von Türen oder Schubladen oder das Bedienen von Lichtschaltern beibringen. Viele Assistenzhunde werden so ausgebildet.
Hierbei ist eine der Herausforderungen des Targettrainings erkennbar. Nutzt man ein Target, um ein anderes Verhalten daraus zu entwickeln, wie beispielsweise das Schließen von Türen, möchte man meistens nicht dauerhaft die ganze Wohnung für immer mit Post-its beklebt lassen. Das bedeutet, dass das Target bei fortschreitendem Training immer weiter abgebaut werden muss. Den geeigneten Zeitpunkt und die Möglichkeiten dazu zu kennen, ist eine der spannenden Herausforderungen, die es beim Nutzen des Targettrainings zu lernen gilt.
TARGETTRAINING FÜR FORTGESCHRITTENE – TARGETTRAINING IM WEITEREN SINNE
Das Targettraining im engeren Sinne beinhaltet das Berühren eines Gegenstandes von Seiten des Hundes. Im weiteren Sinne ist Targettraining aber auch das Arbeiten an oder mit einem Gegenstand.
Bringt man dem Hund das Umrunden einer Pylone bei und stellt diese kontinuierlich weiter weg, ist das auch eine Form des Targettrainings, obwohl der Hund die Pylone in der Übung nicht berührt. In diesem Sinne kann man alle Agilitygeräte als Targets verstehen und auftrainieren oder auch das Überspringen der Hürde oder das Schicken in die Box im Obedience. Auch bei der Hütearbeit können einige Übungen mit stationären Targets auftrainiert werden, beispielsweise wenn man den Hund auf der gegenüberliegende Seite der Herde noch weiter weg von den Schafen schicken möchte.
Für den Targetprofi gibt es auch die Möglichkeit, dem Hund ein Sicht-Target beizubringen. Hierbei lernt der Hund, einen Gegenstand oder den Lichtpunkt eines Laser-Pointers auf Signal anzuschauen, ohne sich dabei allerdings dabei darauf zu zu bewegen. Dabei wird im Training auch immer wieder der Ort das Gegenstandes verändert, so dass der Blick des Hundes steuerbar ist. Das ist eine sehr nützliche Übung für Filmhunde, die je nach Kameraposition nicht immer in Richtung ihres Trainers schauen dürfen.
Noch spezieller wird es, wenn der Blick des Menschen als Target benutzt wird. Bei dieser Übung sucht der Hund aktiv den Blick des Menschen, vergleichbar mit dem Strahl einer Taschenlampe im Dunkeln. Schaut der Trainer in die linke hintere Ecke das Raumes, wird der gut trainierte Hund dort hin laufen und sich dem Trainer zuwenden, um in seinen Blick“strahl“ zu kommen. Das ist sehr nützlich für Assistenzhunde, deren Halter nur den Kopf bewegen kann. So kann der Hund durch den Raum dirigiert werden und an dem aufgesuchten Ort weitere Signale von seinem Menschen erhalten, was dort zu tun ist.
Wenn man erst einmal den Blick für und Spaß an Targets bekommen hat, sind der Phantasie des Trainers kaum Grenzen gesetzt. So kann man ein „Sitz“ auch als Gesäß-Boden-Target betrachten, ein „Platz“ als Bauch-Boden-Target, ein „Schämen“ als Pfoten-Nasenrücken-Target, ein Apportieren als Kiefer-Apportel-Target und ein „Nicht-Bellen“ als Oberkiefer-Unterkiefer-Target sehen…
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Ausbildung zum Trainingsspezialist
In dieser 2,5-jährigen Fortbildung für Hundetrainer geht es darum, die eigenen praktischen Trainingsfähigkeiten weiter zu verbessern. Die Fortbildung ist zusammengesetzt aus einem Basis-Block, bestehend aus 7 aufeinander aufbauenden Modulen und einem Aufbau-Block, der weitere 3 Modulen beinhaltet.
Weiterführende Info, Termine, Ausbildungsstart:
www.tierarzt-frey.de/ausbildung-trainingsspezialist.html