Über Reize, Emotionen und Bedürfnisse
„Wenn Stress durch die Kombination aus Emotion und einem unerfüllten Bedürfnis entsteht, wie verhält sich das Ganze dann mit körperlichen Auslösern?“
Diese Frage habe ich vor Kurzem auf Instagram gestellt bekommen. Und genau diese möchte ich nun aufgreifen, um zu erklären, wie sich Stressauslöser, wie Schmerzen, Unwohlsein oder hormonelle Vorgänge, in Bezug auf Emotionen und Bedürfnisse verhalten. Damit ich das aber erklären kann, hole ich etwas aus und möchte vorab kurz ein paar Begriffe erläutern.
Eine Emotion ist eine Gemütsregung, die durch die bewusste oder unbewusste Wahrnehmung eines Ereignisses oder einer Situation ausgelöst wird. Emotionen, wie zum Beispiel Freude, Wut, Frust oder Angst, kennen wir alle. Auch unsere Hunde kennen sie natürlich.
Ein Bedürfnis ist ein Wunsch oder ein Verlangen nach etwas Materiellen oder Immateriellen, wie beispielsweise Nahrung, Wasser, Sicherheit, Zuneigung oder Bewegung. Bedürfnisse sind universell. Jeder hat sie, aber sie sind bei jedem Lebewesen unterschiedlich stark bewertet.
Neben Emotionen und Bedürfnissen gibt es natürlich auch noch auslösende Reize. Diese können innerliche Reize (Schmerzen, hormonelle Vorgänge, Hunger, Durst, etc.) und äußerliche Reize (z.B. andere Hunde, Menschen, Geräusche, Gerüche, etc.) sein. Eine Emotion folgt auf einen dieser Reize und bezieht sich schlussendlich auf ein erfülltes bzw. unerfülltes Bedürfnis.
Ich mag es an Beispielen verdeutlichen:
BEISPIEL 1:
- Ein fremder Hund läuft an deinem Hund vorbei (Reiz von außen).
- Dein Hund sorgt sich um seine Sicherheit (Emotion).
- Er wünscht sich körperliche Unversehrtheit (Bedürfnis).
BEISPIEL 2:
- Dein Hund hat Bauchschmerzen (Reiz von innen).
- Er ist schmerzerfüllt, angespannt oder beunruhigt (Emotion).
- Er wünscht sich körperliche Unversehrtheit (Bedürfnis).
Ich habe hier bewusst das gleiche Bedürfnis gewählt, das aber durch sehr unterschiedliche Reize angesprochen wird. So wird, wie in diesem Beispiel, deutlich, dass ein und dem selben Bedürfnis unterschiedliche auslösende Reize und Emotionen zugrunde liegen können!
Und Achtung: genau können wir uns nicht auf eine bestimmte Emotion oder ein bestimmtes Bedürfnis festlegen, da dies ja immer auf einer Interpretation, basierend auf Beobachtungen unsererseits, beruht!
Im Alltag gibt es unzählige Beispiele. Emotionen und Bedürfnisse sind aber immer die Folge eines Reizes. Dabei ist es erstmal egal, ob der Reiz innerlich oder äußerlich auf den Hund wirkt. Auslöser ist Auslöser. Also Obacht: Emotion und Bedürfnis sind in erster Linie erstmal keine Auslöser! Diesen braucht es also zusätzlich, um eine Stressreaktion im Körper in Gang zu setzen!
Kurz gesagt: Das gezeigte Verhalten des Hundes wird also ausgelöst durch einen Reiz. Wie stark das Verhalten des Hundes sich aber auswirkt, hängt mit der individuellen Bewertung der Situation, der empfundenen Emotion und des zugrunde liegenden Bedürfnisses zusammen. Lernerfahrungen und bestimmte genetische Dispositionen spielen bei jedem einzelnen Hund schlussendlich auch noch mit hinein.
Das Prinzip kennen wir nicht nur von unseren Hunden, sondern ganz klar auch von uns selbst. Spür mal in dich hinein. Welche Emotionen folgen auf welche Reize in deinem Alltag? Und welche Bedürfnisse stehen wohl konkret dahinter?
Um deinen Hund zu verstehen, begib dich also zu aller erst einmal in dich selbst!
Vielleicht hast du Lust auf dein eigenes Inneres zu blicken? Welche Auslöser erkennst du bei dir selbst für Stress und wie hängen diese mit deinen Gefühlen und (un)erfüllten Bedürfnissen zusammen? Gibt es wiederkehrende Reiz-Reaktionsketten?
Mit der Zeit wirst du vielleicht feststellen, wie du Klarheit gewinnst. Diese neu gewonnene Klarheit kannst du dir wiederum in Form von empathischer Vermutung bei deinem Hund zu Nutze machen!
Ich wünsche dir viele neue Erkenntnisse und Aha-Erlebnisse auf dieser spannenden Reise.