Lerngesetze verstehen und anwenden, Buch von Ekard Lind
IN ALLTAG, ARBEIT UND SPORT MIT DEM HUND
Linds Buch zu rezensieren, ist gar nicht so einfach. Ich möchte einerseits diesem sehr umfangreichen Werk gerecht werden, andererseits aber natürlich nicht einen ganzen Roman schreiben. Hinzu kommt, dass es, wie bei Fachbüchern üblich, stellenweise nicht ganz so leicht zu lesen ist. Ich beginne mit den leichteren und auffälligeren Dingen:
Das Buch kommt in einem robusten und haltbaren Pappeinband daher, welcher auch häufigeres Herausnehmen und Lesen verträgt. In meinem Fall hat es sogar klebrige und grapschende Kinderhände überlebt.
Allerdings hätte dieses Buch ein besseres oder sorgfältigeres Lektorat verdient. Es finden sich doch recht viele Tipp-, Rechtschreib- und Grammatikfehler, die ich als störend empfunden habe.
Lind geht auf vier Lerntheorien (instrumentelle, klassische, operante Konditionierung, kognitive Lerntheorien) ein, klärt den Leser über geschichtliche und wissenschaftliche Zusammenhänge auf und stellt sie einander gegenüber, ohne jedoch wertend zu vergleichen. Wer an dieser Stelle gestutzt hat: Ja, Lind trifft eine Unterscheidung zwischen instrumenteller und operanter Konditionierung, hauptsächlich wegen der etwas unterschiedlichen Erklärungsansätze von Thorndike und Skinner (der beiden maßgeblichen Forscher auf diesen Gebieten). In der Praxis spielt diese Trennung meiner Meinung nach keine relevante Rolle.
Er findet sehr gut verständliche Beispiele, die die vorher beschriebenen theoretischen Aspekte gut untermauern.Gerade die Beschreibung vieler verschiedener Theorien oder Modelle hat jedoch stellenweise zur Folge, dass eine Unmenge an Fachbegriffen verwendet werden. Die Tatsache, dass je nach Autor oder Forscher gleiche Dinge unterschiedliche Bezeichnungen und Definitionen haben, sowie durch Übersetzungen manchmal unterschiedliche deutsche Begriffe existieren, macht das Lesen und Verstehen manchmal ein wenig mühsam. Manche Abschnitte habe ich mehrfach gelesen und zusätzlich dazu verschiedene Begriffe und Definitionen nachschlagen müssen, weil meine Dozenten teilweise einfach andere Bezeichnungen verwendeten. Meist klärt Lind aber selbst über die Existenz verschiedener Ansichten und Definitionen auf.
Die zweite Hälfte des Buches befasst sich mit den Auswirkungen und Anwendungsmöglichkeiten der verschiedenen Theorien im modernen Hundetraining.
Lind zeigt sehr schön auf, welche verschiedenen Faktoren im Training/beim Lernen eine Rolle spielen, welche Mechanismen wirken, aber auch, welche Fallen bei der Anwendung lauern. Er verknüpft die vorher beschriebenen Lerntheorien mit verschiedenen Trainingsmethoden wie z.B. Clickertraining, (Free-)Shaping und Chaining. Shaping ist das Formen von Verhaltensweisen, die ein Hund in bestimmten Situationen von sich aus anbietet, zu einem abrufbaren Verhalten. Unter Chaining versteht man das Aneinanderknüpfen von (Teil-)Übungen zu einer neuen, komplexeren Aufgabe.
Er vergisst auch nicht, andere Wirkungen, Zusammenhänge und Faktoren zu erwähnen, die unter Umständen eine gewichtige Rolle spielen können. Er nimmt keinen Bereich aus, beschreibt also auch die Anwendung und den Einsatz von Strafen. Er warnt aber gleichzeitig auch vor den Gefahren, die damit einhergehen, wobei ich mir persönlich bei den „anonymen Strafen“ noch deutlichere Worte und Warnungen gewünscht hätte.
Fazit:
Linds Buch fasst hervorragend den aktuellen Wissensstand zum Lernverhalten von Haushunden (und anderen Caniden, wie Wölfen, Kojoten und Füchsen) zusammen, stellt verschiedene Modelle einander gegenüber und zeigt sehr schön die Anwendungsmöglichkeiten im Trainingsalltag. Auch wenn er durchaus detaillierte Beispiele bringt, ist es natürlich kein Trainingsbuch. Es liefert aber eine großartige Zusammenfassung des Hintergrundwissens. Es richtet sich, wie im Vorwort beschrieben, an Besitzer, die mehr wissen wollen und an Trainer, die eine Zusammenfassung (und vielleicht auch einen anderen Blickwinkel) des aktuellen Wissensstandes haben wollen. Diese Aufgabe erfüllt Ekard Linds Buch vollständig. Ich für meinen Teil werde es sicherlich noch mehrmals in die Hand nehmen und darin lesen- Easy Dogs Insidertipp!
Ich möchte schließen mit einem Zitat aus Linds Buch, welches meiner Meinung nach gleichzeitig Kritik am Festhalten an nur einer Lerntheorie als auch an der Anwendung veralteter Methoden darstellt:„Wenn es uns gelingt, der Befindlichkeit des Hundes beim Üben einen Logenplatz einzuräumen, werden wir ein völlig neues Szenario von Erfolg und Leistung wahrnehmen.“ (S.176)
VERLAGSINFO:
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- Autor: Ekard Lind
- Verlag: Kynos (1. April 2015)
- Umfang: 440 Seiten
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3954640393
- Format: 18 cm x 23 cm
- Preis: 34,95 €
Immer mehr Hundehalter geben sich heute mit einfachen Anleitungen und Methoden nicht zufrieden. Das Interesse, Lernvorgänge wissenschaftlich begründet zu verstehen, ist groß. Um den inzwischen beachtlichen Wissensstand praktisch umzusetzen, kommt man an soliden Grundkenntnissen über Lerntheorien, Gehirnfunktionen und dem Wissen über die Fähigkeiten unserer Hunde nicht vorbei.
Hundebesitzer, die Lerngesetze verstehen und anwenden möchten, finden im vorliegenden Buch von Prof. Ekard Lind eine gründliche Aufarbeitung der umfangreichen Lernthematik, informativ und spannend geschrieben, bereichert durch zahlreiche Beispiele aus der Praxis, an denen man das „Warum“ nachvollziehen kann.