“Knut, Nein!” – In welchen Situationen, wie, wo und weshalb sagen Sie den Namen Ihres Hundes?
HABEN SIE SICH SCHONMAL GEFRAGT, WIE IHR HUND SEINEN NAMEN WAHRNIMMT?
Ich meine, findet Ihr Hund seinen Namen gut? Reagiert er zuverlässig darauf und fühlt Ihr Hund sich gut, wenn Sie ihn aussprechen?
Grundsätzlich sprechen wir unseren Hunden Emotionen zu. Basisemotionen wie Angst, Ärger, Freude und Interesse oder auch Ekel. Laut einer Studie behaupten sogar über 40 % der Teilnehmer ihr Hund fühle Dinge wie Schuld, Empathie oder Stolz.
Quelle: Secondary emotions in non-primate species? Behavioural reports and subjective claims by animal owners
Mich interessiert, was mein Hund fühlt, wenn ich ihn mit seinem Namen anspreche. Fühlt er Freude? Empfindet er Angst oder Unsicherheit? In welchem Kontext verwende ich den Namen meines Hundes und lassen sich daraus Rückschlüsse auf sein Gefühlsleben ziehen?
Aus Erfahrung kann ich sagen, dass sehr viele Hunde ihren Namen sehr oft hören. Meistens in Verbindung mit einer „Du darfst das nicht“-Aussage. Also kombiniert mit einem Verbot oder kombiniert mit einer Ermahnung oder sogar einer Strafe bzw. negativen Konsequenz.
Beispiel: Ein Welpe (Knut) hat gerade nichts zu tun, weil sich die Bezugsperson mit jemandem unterhält, also fängt er an, die Umgebung zu erkunden. Dabei findet er allerhand spannende Dinge wie Pferdeäpfel, herumliegende Holzstücke und Exkremente von anderen Tieren. Mindestens 2/3 davon wird er mit dem Maul erkunden, sich in einem Drittel vielleicht sogar wälzen. Seit den neurowissenschaftlichen Erkenntnissen von Jaak Panksepp wissen wir, dass Explorationsverhalten mit positiven Emotionen in Zusammenhang steht und Angst und Unsicherheiten entgegenwirkt. Gleiches gilt für das Finden von und die Beschäftigung mit diesen Dingen. Der Welpe an sich ist ziemlich egozentriert, warum also sollte er dieses Verhalten sonst zeigen, wenn es ihm nicht gefällt?
Was nun oft passiert ist, dass menschliche Denkweisen und Interpretation die/den Halter:in dazu veranlassen, just in dem Moment „Knut, Nein! Hör auf“ zu sagen, wenn der kleine Welpe gerade testen will, wie ein Pferdeapfel schmeckt. Dann wird ihm, nachdem ein harsches „Aus, Pfui!“ ertönt, der halbe Pferdeapfel aus dem Maul genommen (ziemlich unfreundlich) und sich weiter mit dem anderen Menschen unterhalten. What?? Und nun? Ok also weiter zum Holzstück. Auch das darf er dann nicht in kleine Teile zerlegen, weil er sich verletzen oder ein Teil verschlucken könnte. Also wieder: „Knut, Nein!“ und das Holz ist weg. Aber dann findet er ein kleines Häufchen Fuchskacke und findet es super, denn es riecht total interessant, und vielleicht macht sich das ganz gut im Fell. Diesmal ertönt ein langgezogenes „Iiiehh“ bevor er hört: „Knut, hör sofort auf damit! Das stinkt!“ und der Spaß ist vorbei.
Von dem Moment an, wenn sich der Welpe in Bewegung setzt, um seine Umwelt zu erkunden, bis zur Exkremente-Situation wird sein Verhalten durch Emotionen gesteuert. Als Halter:innen haben wir nicht nur im Training, sondern ganz besonders im Alltag den allgemeinen Wunsch, dass sich unser Hund wohlfühlt. Im Grunde findet in diesem fiktiven Beispiel lediglich eines statt, nämlich die klassische Konditionierung des Namens als Signal für Unwohlsein, denn auf den Namen folgen stets unangenehme Reaktionen des Menschen und Verhaltensabbrüche beim Hund. Nicht schön! Der Name wird für den Hund unweigerlich zur Ankündigung von negativen Emotionen. Mal ganz davon abgesehen, wie er zukünftig versuchen wird, diesen zu entgehen.
Nachdem ich mir die Herausforderung bewusst gemacht hatte, habe ich erstmal angefangen zu zählen. Genau genommen habe ich Strichliste geführt, wie oft mein Hund seinen Namen überhaupt hört. Resultat: Im Schnitt 8x täglich. Acht Gelegenheiten, dafür zu sorgen, dass mein Hund seinen Namen gern hört und er mit guten Emotionen verknüpft ist. Das heißt auch, zu beobachten, was danach kommt. Welches Verhalten zeigt mein Hund und wie geht die Interaktion zwischen uns weiter?
Beispiel: Eddie schnüffelt im Garten so vor sich hin, mal hier mal da, hebt den Kopf, um Gerüche aus der Luft aufzunehmen, läuft dann weiter, um an anderer Stelle einen Grashalm zu beschnüffeln. Ich spreche Ihn mit freudiger Stimmung an, worauf er sich mir, fast ohne Verzögerung, zuwendet. Ich lächle, freue mich und das spiegelt auch meine Mimik wider. Er kommt ohne weiteres Zögern auf mich zu und ich werfe ihm eine Handvoll Kekse im hohen Bogen in die Wiese. Sofort macht er sich auf die Suche nach den Keksen, schnüffelt, findet, die Rute wedelt kurz und weiter geht’s. Zwischendurch ein „Super, Eddie“ weil ich immer wieder begeistert davon bin, wie akribisch und zielgenau er herumschnüffelt.
Lösen in diesem realen Beispiel der Name, „Eddie“ in Kombination mit Tonfall und Mimik meinerseits, bei meinem Hund Basisemotionen wie Erwartung, Motivation, Interesse und Freude aus? Folgen bedürfnisbefriedigende Verhalten, nachdem er seinen Namen gehört hat und kann man davon ausgehen, dass es ihm dabei gut geht? Ich denke, ja.
Im nächsten Schritt habe ich mich also damit auseinandergesetzt, in welchem Kontext ich den Namen „Eddie“ verwende. Einfach weil nicht jedes Mal, wenn sein Name fällt, ein Keksregen folgt. „Ist ja nicht immer Party im Leben“.
Ergebnis: 80/20, grob gesagt folgen in 80 % der Fälle das, was ich als positive Interaktionen bezeichne. Darunter fallen Begrüßung, Aufforderungen z.B. zum Spiel, Futter und Futterbelohnungen oder allgemeine Zustimmung zu Dingen, die er eben tut, sowie Zuneigung. In 20% der Fälle passiert eine, aus meiner Sicht, eher negativ besetzte Interaktion. Etwa die Aufforderung kurz zu warten, was Eddie Impulskontrolle abverlangt. Andermal musste ich ihm Dinge verweigern, die er offensichtlich gern mag, wie zum Beispiel Runden durch Nachbars Vorgarten zu drehen und alle Buchsbäume zu markieren. Oder, bei uns der Klassiker: Eddie bellt, ich erschrecke. Also im Kontext Unverständnis, „Warum tust du das?“
Warum ich mir diese Fragen stelle?
Weil ich möchte, dass Eddie gern und schnell auf seinen Namen reagiert. Am besten wendet er sich mir mit Freude und Enthusiasmus zu. Mit so einem positiv aufgebauten Signal dreht er sich auch unter Ablenkung zuverlässig zu mir um. Das ermöglicht eine direkte Kommunikation, ich nehme also direkt Einfluss auf die Situation.
Ein weiterer Gedanke ist, das der Name des Hundes, wenn er grundsätzlich positiv besetzt ist, auch als Verstärker fungiert. Eben beispielsweise wenn Eddie eine Entscheidung trifft, die mir gefällt und ich sage: “Gut,Eddie”. Auch darf man nicht unterschätzen mit was der Name verknüpft wird. Wer seinen Hund immer nur bei Wildsichtung namentlich anspricht wird ziemlich zuverlässig, nach dem Motto: “Wo ist das Reh?” Wild ankündigen. Ich kann mir auch vorstellen wie Menschen über den Hund reden und den Namen nennen ohne das eine Interaktion mit dem Mensch folgt. Das führt dann dazu, dass der Hund weniger gut auf seinen Namen reagiert, da er an Bedeutung verliert.
Es lohnt sich also allemal für Hundehalter:innen sich selbst im Umgang mit dem Namen ihres/seines Hundes zu beobachten, um beurteilen zu können, ob der eigene Hund überwiegend positive Erfahrungen mit seinem Namen macht. Anknüpfend daran kann man sich die Frage stellen, wie Situationen anders gelöst werden können, als ein Verbot an den Hund zu richten. An dieser Stelle können im Training zusammen individuelle Lösungsstrategien erarbeitet werden.
Zusammenfassend hat es sich für mich sehr gelohnt, mir bewusst zu machen, wann und wie ich den Namen „Eddie“ verwende, denn das hat nicht zuletzt starken Einfluss darauf, wie Eddie auf seinen Namen reagiert. Wir nutzen die Namen unserer Tiere oft unbewusst und laufen damit Gefahr sie negativ zu besetzen. Und wenn Sie zu dem Schluss kommen, dass Sie den Namen Ihres Hundes doch zu oft mit Negativem in Verbindung gebracht haben, spielen Sie mit Ihrem Hund doch das Namensspiel. Hier folgt auf den Namen immer etwas Großartiges.