Kind und Hund – Erfülltes Familienleben und Überlegungen vor dem Hundekauf
Der Hund, ursprünglich für bestimmte Aufgaben gezüchtet, hat innerhalb unserer Gesellschaft längst einen ganz anderen Stellenwert bekommen. Er bedient die Bedürfnisse des Menschen als Sozialpartner, Kindersatz oder gehört einfach zu unserem Lifestyle. Dabei ist das Verständnis für den Umgang und die Kommunikation mit dem Wesen Hund manchmal verloren gegangen. Vor Generationen war das noch völlig anders: Man wuchs naturnäher auf und in den Familien war es normal, dass Großeltern, Eltern und die Sprösslinge unter einem Dach oder zumindest in nächster Umgebung lebten. So dass für unsere Kinder immer ein Ansprechpartner greifbar war, der seine Erfahrung im Umgang mit den Tieren und sein Wissen entsprechend weiter gab. Die veränderten Familienstrukturen und unser hoch technisierter Alltag bringen ganz andere Anforderungen mit sich. Die meisten Menschen leben in Städten und müssen für ihre Erwerbstätigkeit hoch flexibel sein. Da haben Hunde oft keinen Platz, die Hundehaltung ist in Mietwohnungen häufig untersagt. Kinder wachsen nicht mehr selbstverständlich mit Tieren auf und der Umgang mit ihnen ist heute selbst der Generation unserer Großeltern bereits fremd.
Dabei kann ein Hund das (Familien-)Leben enorm bereichern. Wenn Kinder und Hunde gemeinsam lernen, können sie voneinander profitieren. Sie verstehen sich oftmals ohne Worte. Das Kind lernt unter Anleitung sachkundiger Erwachsener den verantwortungsvollen Umgang mit dem Hund, was sich auch positiv auf das Sozialverhalten des Kindes im Umgang mit anderen Tieren und im Allgemeinen auswirkt.
KIND UND HUND – EIN DREAMTEAM?
Kinder haben in ihren ersten Lebensjahren zu Tieren instinktiv einen ganz besonderen Draht. Erziehung und Lernerfahrung führen leider häufig dazu, dass dieser abbricht. Ein Hund oder auch ein anderes Haustier kann für das Kind zum besten Kumpel werden, mit dem man in Phantasiewelten abtauchen kann und der nicht verurteilt, sondern bedingungslose Zuneigung zeigt. Und er verrät ganz sicher keins der ihm anvertrauten Geheimnisse. Das Kind kann mit dem „Freund Hund“ tolle Abenteuer erleben und auch im Freundeskreis sind Kinder mit (wohlerzogenen) Hunden beliebte Spielkameraden.
Eine wunderbare Verbindung zwischen Kind und Hund kann entstehen, wenn gewisse Bedingungen beachtet werden. Beide brauchen einen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen können. Selbst in Sachen Erziehung gibt es einige Parallelen: Genauso, wie wir unsere Kinder gewaltfrei erziehen sollten, ist auch die Hundeerziehung über positive Verstärkung äußerst wirksam. Das bedeutet liebevolle und konsequente Erziehung mit klarer Kommunikation, sinnvollen Regeln und Grenzen.
EIN HUND RUNDET DIE FAMILIE AB – NUR, WELCHER SOLL ES SEIN?
Bei der Auswahl des passenden Vierbeiners spielen viele Faktoren eine Rolle. Und jede Wahl hat seine Vor- und Nachteile. Hat man sich als Ersthundehalter einige grundlegende Fragen beantwortet und sind alle verantwortlichen Erwachsenen mit Anschaffung und Auswahl einverstanden, sollte dem Einzug des neuen Familienmitgliedes nichts mehr im Wege stehen. Zu bedenken bleibt, es sind die Erwachsenen, die die volle Verantwortung tragen und für Erziehung, Pflege und sinnvolle Beschäftigung des Vierbeiners zuständig sind. Und selbstverständlich gibt es für den Alltag mit einem Familienhund gewisse Regeln, die von allen Familienmitgliedern eingehalten werden sollten.
Ein Hund kommt nicht als „Familienhund“ auf die Welt und sucht sich sein (Zusammen-) Leben mit uns nicht aus. Hundeerziehung bedeutet Arbeit, sie kostet Zeit und Geld. Selbstverständlich gibt es für den Alltag mit einem Familienhund gewisse Regeln, die von allen Familienmitgliedern eingehalten werden sollten. Dass Hund und Kind ganz automatisch und von selbst harmonieren, ist eine höchst romantische Vorstellung und fernab der Realität.
- ÜBERLEGUNGEN VOR DEM HUNDEKAUF
Die nachfolgende Checkliste soll Ihnen einen Überblick geben, was Sie vor Anschaffung eines Hundes bedenken sollten:
- Wer übernimmt in der Familie die Hauptverantwortung für den Hund, wer ist Ansprechpartner und Bezugsperson?
- Bin ich bereit, mich ein ganzes Hundeleben lang (je nach Rasse und Konstitution bis zu ca. 18 Jahren) um einen Hund zu kümmern? Auch wenn dieser krank ist und besondere Pflege benötigt?
- Wo bleibt der Hund, wenn wir in den Urlaub fahren wollen und er nicht mit darf? Wer kümmert sich um den Hund, wenn ich selbst krank werde/ein Aufenthalt im Krankenhaus notwendig ist?
- Ist die Hundehaltung in meiner Mietwohnung überhaupt erlaubt? Falls unklar, schriftliches Einverständnis des Vermieters einholen!
- Kann ich ausreichend Zeit aufbringen, dem Hund in seinen Bedürfnissen gerecht zu werden? Stichwort: Stichwort: Sinnvolle, dem Hund angepasste Beschäftigung – soll der Hund eine bestimmte Aufgabe übernehmen? (z. B. Sportpartner beim Joggen)
- Kann ich die Kosten für Versicherung, Hundesteuer, Tierarztkosten (eventuelle Operationen/ teure Medikamente) und Futter übernehmen?
- Kann ich mir eine qualifizierte Hundeschule/ eine(n) Trainer(in) leisten, der mich im Vorfeld berät, mich bei der Hundeerziehung und Beschäftigung unterstützt?
- Habe ich das notwendige Hintergrundwissen, mein(e) Kind(er) auf einen möglichst gefahrlosen Umgang mit dem Hund vorzubereiten?
- Kann immer ein Erwachsener die Aufsicht über den Hund haben oder wäre das Kind mit dem Hund zeitweise allein?
- Wie kann das Zusammenleben aussehen, was dürfen und könnten Kind und Hund gemeinsam tun?
- Ist mein Kind alt genug für den verantwortungsbewussten Umgang mit dem Hund? Die Entwicklung von Kind und Hund schreitet unterschiedlich schnell voran – ist das Kind noch im Krabbelalter, wächst ihm auch ein Welpe schnell über den Kopf. Ist das Kleinkindalter erreicht, ist der Hund bereits erwachsen.
TIPPS FÜR DAS FAMILIENLEBEN MIT HUND
Wenn Sie merken, dass Sie in Bezug auf das Verhalten Ihres Hundes gegenüber Kindern unsicher sind oder der Hund bereits eindeutig unfreundliches Verhalten zeigt, nehmen Sie qualifizierte Hilfe durch einen Hundeerzieher oder Verhaltensberater/Tierarzt mit Schwerpunkt Verhaltensberatung in Anspruch. Notfalls muss der Hund mit entsprechenden Maßnahmen (Leine, Maulkorb, Zimmerkennel) gesichert werden. Diese Maßnahmen ersetzen aber kein Training zur Verhaltensänderung.
Unabhängig davon, ob der Hund oder das Kind zuerst da waren oder sogar beide zeitgleich in die Familie kommen, sollten Sie einige Grundregeln für ein entspanntes Familienleben mit Kind und Hund beachten und dem Hund einen guten Grundgehorsam lehren:
- Hausregeln einführen, falls noch nicht geschehen, z.B. Tabuzonen einrichten (Kinderzimmer, Küche) und diese ggf. mit Kindergitter sichern: Kinder und Hunde haben eine unterschiedliche Auffassung von “Spiel”. Bei Laufspielen kann der Hund zum “Fangen” seine Zähne einsetzen.
- Lebensmittel, die auf den Boden fallen, muss der Hund liegen lassen bzw. dürfen nur auf Signal vom Hund aufgenommen werden. Der Hund könnte heruntergefallenes Essen als sein Eigentum betrachten und es gegebenenfalls vor dem Kind verteidigen.
- Konsequentes Liegeplatztraining (Bleib)
- Boxentraining
- Guter Grundgehorsam und Leinenführigkeit
- Ggf. Maulkorbtraining
- Während der Trainingsphase Geschirr und Hausleine anlegen, um den Hund aus Situationen herausführen zu können, ohne ihn direkt anfassen zu müssen.
- Hochspringen an Personen und Möbeln freundlich unterbrechen, verhindern bzw. sinnvolles Alternativverhalten trainieren
- Gewöhnung an Kinder verschiedenen Alters
- Rückzugsmöglichkeiten für den Hund einrichten (Tabuzone für Kinder)
War der Hund vor dem Kind da, kann es zu Eifersucht beim Hund kommen. Hunde spüren die Veränderung durch eine Schwangerschaft deutlich. Die Natur hat es eingerichtet, dass durch die Ausschüttung von Hormonen bei der Mutter auch beim Hund ein gewisses Brutpflegeverhalten einsetzt. Das in der Regel meist für die Mutter unproblematische zweite Drittel der Schwangerschaft eignet sich sehr gut zum Training von bestimmten Dingen. Hier soll der Hund auch lernen, dass es in Ordnung ist, wenn Frauchen und Herrchen sich um andere Lebewesen kümmern und Hund auch mal Pause hat. Hier hilft es, z.B. ein Entspannungssignal zu trainieren, das dem Hund hilft, sich zu entspannen bzw. entspannt zu bleiben, wenn es die Situation erfordert. Und folgende Dinge zu beachten:
- Kinderzimmer frühzeitig herrichten, um den Hund an veränderte Gegebenheiten zu gewöhnen.
- Leeren Kinderwagen auf Spaziergänge mitnehmen, um den Hund daran zu gewöhnen.
WAS DER HUND LERNEN BZW. KÖNNEN SOLLTE, BEVOR DAS BABY KOMMT:
- Gewisses Maß an Grunderziehung erleichtert den Alltag
- Angstfreies und entspanntes Akzeptieren von Trennungszeiten (Alleine bleiben)
- Entspannen und selbstständiges Zurückziehen trotz Bewegungsreize und Lärm
- Impulskontrollfähigkeit
- Keine Anzeichen von Ressourcenverteidigung
- Keine Geräuschempfindlichkeit
- Kein Angst- oder Aggressionsverhalten gegenüber Menschen und Hunden
- Kein ausgeprägtes Jagdverhalten
NACH DER GEBURT:
- Getragene Babywäsche aus dem Krankenhaus mitbringen, die nach Kind und Mutter riecht und diese in der Wohnung für den Hund wahrnehmbar liegen lassen.
- Wenn das Baby und Frauchen zu Hause sind, gelten konsequente Regeln. Optimal ist es, wenn der Hund das Baby mit etwas Positivem verknüpft. Wenn das Baby bspw. gefüttert wird, bekommt der Hund etwas zum Kauen, mit dem er länger beschäftigt ist. Beim Wickeln darf der Hund an der Kinderzimmertür liegen.
- Den Hund den Geruch des Babys aufnehmen lassen und positiv verknüpfen, aber nur kontrollierte Nähe zulassen, z.B. ein Abschlecken konsequent, aber immer freundlich umlenken.
- Den Hund nie mit dem Baby allein lassen.
- Der Hund sollte einen sicheren Abstand halten, wenn Frauchen später mit dem Baby z.B. auf dem Sofa sitzt, sich durch das Haus bewegt, das Baby auf dem Arm hat.
- Den Hund nicht vernachlässigen, sondern sinnvoll beschäftigen.
Gleiche Regeln gelten insbesondere auch für Kinder, die bereits das Krabbelalter erreicht haben.
BUCHTIPPS:
- So klappt’s mit Kind und Hund, Dagmar Cutka
- Welpen und Kinder – So werden sie gemeinsam groß, Pia Silvani, Lynn Eckhardt
- Kind und Hund, Manuela van Schewik