Grenzen setzen – fair und wirksam, Buch von Maria Hense
Maria Hense, animal learn Verlag
„Kennen Sie das? Ihr Hund zeigt von Ihnen unerwünschte Verhaltensweisen und er tut das schon seit langem. Sie wissen zwar, was Sie tun müssen, damit er jetzt damit aufhört, aber er macht es immer wieder und Sie würden das Problem gern dauerhaft lösen.“
Maria Hense ist Tierärztin, Hundetrainerin und Fachbuchautorin. Nachdem mir ihr Buch „Der hyperaktive Hund“ (im selben Verlag erschienen) sehr gut gefallen hat und nachhaltig in Erinnerung geblieben ist, war ich auf ihr neues Buch gespannt. Meine tägliche Praxis zeigt mir, dass viele Hundehalter – sowohl aufgrund unserer Erziehung, als auch aufgrund der kolportierten Meinungen zu Hunden in den Medien – verunsichert sind, zu wenige oder nicht die passenden Grenzen zu setzen. Der Wunsch Grenzen zu setzen, lässt sich unter Hundehaltern nicht leugnen, denn dahinter stecken möglicherweise das Bedürfnis nach Sicherheit und das Bedürfnis Verantwortung zu übernehmen. Deshalb ist es sehr hilfreich, dass die Autorin dieses Thema vernünftig aufgreift und allen voran aufklärt!
Eingangs wird klargestellt, dass Grenzen setzen nicht mit harten Strafen gleichzusetzen ist. Dass Grenzen aber immer (zumindest ein bisschen) unangenehm sind, weil die Freiheit des Hundes damit eingeschränkt ist. Das ist meiner Ansicht nach essenziell und darf nicht aus den Augen verloren werden!
In den ersten beiden Kapiteln wird erklärt, was Grenzen sind und wie man Grenzen setzt: Die Autorin erklärt anschaulich, dass Grenzen „Verbote sind, die der Mensch für Dinge, die der Hunde eigentlich gern tun würde, aufstellt“ (z.B. Anspringen von Besuch, Rehe jagen). Sie unterstreicht, dass es so gut wie keine allgemein gültigen Grenzen (die Ausnahme stellen gesetzliche vorgeschriebene Verbote dar) gibt und jeder für sich entscheiden muss und darf, welche Grenze er für seinen Hund aufstellt. Entgegen der noch immer weit verbreiteten Auffassung müssen Sie Ihrem Hund nicht verbieten, auf dem Sofa oder im Bett zu schlafen, wenn Sie sich daran nicht stören, sondern es vielmehr genießen. „Hunde benehmen sich einfach wie Hunde“: Viele Verhaltensweisen, die für Menschen unerwünscht sind, sind für Hunde völlig normal (z.B. Jagdverhalten). Die Autorin zeigt auf, dass Sie vom Aufstellen von Grenzen absehen sollten, wenn Sie diese selbst nicht einhalten können! Sie geht auch auf die gesundheitlichen Folgen von inkonsequentem, unvorhersehbaren Verhalten des Menschen ein.
Mit einer sehr klaren und einfachen Grafik wird im Buch erklärt, wie Hunde Entscheidungen treffen. Dass Hunde erst lernen müssen, was richtig und was falsch ist und durch gutes Management verhindert werden sollte, dass der Hund das (aus unserer Sicht) Falsche tut. Das Buch verhilft Ihnen dazu, das Verhalten Ihres Hundes besser zu verstehen: Sie erfahren mehr über die Auslöser für Verhalten, den inneren Zustand des Hundes, die Wirkung von Konsequenzen auf das Verhalten, mögliche Einflussfaktoren, sowie die Bedeutung von Aufregung, Entspannung und Auslastung.
Das nächste Kapitel widmet sich ausführlich dem wichtigen Thema: Management! Sie erfahren, die Bedeutung und das Ziel von Management: Unerwünschtes Verhalten verhindern und erwünschtes Verhalten lernen. Dabei unterscheidet die Autorin bei den Managementmaßnahmen zwischen Vermeiden, Ablenken, Sichern und Beenden. Entsprechend dieser Reihenfolge empfiehlt sie Verhaltensketten so früh wie möglich zu unterbrechen. Weiters spricht sie Faktoren an, die Einfluss auf das Verhalten des Hundes haben und weist darauf hin, dass Bedürfnisse (Sicherheit, Gesundheit und Pflege, Beschäftigung, Ruhe, Sozialkontakte) befriedigt werden müssen, damit der Hund sich an Grenzen halten kann. Zuletzt wird noch auf nützliche Management-Hilfsmittel wie Maulkorb, Kong, Türgitter, Box, Auto, Hausleine, Schleppleine und Sichtschutz eingegangen.
Das vierte Kapitel widmet sich dem Thema „Lernen, was richtig ist“. Hier erfahren Sie, warum es wichtig ist, Ihrem Hund im ersten Schritt beizubringen was richtig ist, bevor Sie zu einem Verhalten überhaupt „Nein“ sagen dürfen. Es wird ausdrücklich empfohlen, das unerwünschte Verhalten erst gar nicht auftreten zu lassen, statt es zu unterbrechen. Dieses Kapitel widmet sich der Frage, was Alternativverhalten ist und wie es aussehen kann.
Im Kapitel „Lernen was falsch ist“ wird erklärt, was Strafe ist und wie sie funktioniert. Es folgt eine leicht verständliche Lerntheorie, die durch Beispiele gut veranschaulicht wird.
Der Anhang A zeigt Signale zum Grenzensetzen auf. Nachfolgende Themen werden behandelt: Leinenführigkeit, Auszeit („…und Tschüss!“ und „Pause“), die Fehlermeldung, „Vergiss es!“, das Abbruchsignal, die stoppende Hand, Splitten und mechanische Grenzen.
Meiner Ansicht nach sind Signale wie „… und Tschüss“ im Freilauf (eine Form der Auszeit auf dem Spaziergang, die dem Hund sagt, dass sein Mensch nun zügig weggeht oder sich versteckt) oder die Fehlermeldung durch einen „No-Reward-Marker“ (ein Signal, das dem Hund sagt, dass die Belohnung ausbleibt, weil er einen „Fehler“ gemacht hat) im Training mit Hunden nicht notwendig. Hauptaugenmerk im Training sollte darauf gelegt werden, die Trainingsschritte so klein zu halten, dass der Hund erst gar keine Fehler machen kann und muss! Sonst riskieren Sie Frust und negative Emotionen. Bitte beachten Sie: Ihr Hund kann nur das können, was Sie ihm beigebracht haben! Auch dem Thema „Auszeit“ (soziale Isolation) stehe ich kritisch gegenüber, weil (auch nur) der vorübergehende Entzug der menschlichen Nähe der Gegenspieler vom Bedürfnis nach Sicherheit und Zuneigung ist und ich aus trainingstechnischen Gründen die Erfüllung eines solchen Grundbedürfnisses nicht verweigern möchte.
Im Anhang B wird das Setzen effektiver Grenzen anhand von nachfolgenden Beispielen dargelegt: Leinenführigkeit, in der Nähe bleiben im Freilauf, Tischmanieren, grobes Spiel unter Hunden, aufforderndes Bellen oder körperliches Bedrängen des Menschen sowie Bellen bei Begegnungen mit anderen Hunden.
Anhang A und B machen insgesamt etwa die Hälfte des Buches aus.
FAZIT:
Mir gefällt an diesem Buch sehr gut, dass das Hauptaugenmerk auf eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema „Grenzen setzen“ gelegt wird. Der Grundsatz, dem Hund besser erwünschtes Verhalten zu lehren, statt unerwünschtes Verhalten zu unterbrechen, wird deutlich hervorgehoben. Die ausführlichen Kapitel über Management und Alternativverhalten sind für den Alltag mit jedem Hund sehr hilfreich.
Zuletzt werden dem Leser in den beiden Anhängen noch konkrete Werkzeuge bzw. Beispiele an die Hand gegeben, mit unerwünschtem Verhalten umzugehen. In diesen beiden Abschnitten treffen zwar nicht alle Empfehlungen meinen Geschmack, in einem Buch mit dem gegenständlichen Titel haben sie aber selbstredend ihre Berechtigung – Easy Dogs Insidertipp!
VERLAGSINFO:
- Hier kaufen
- Autor: Maria Hense
- Verlag: animal learn Verlag
- Umfang: 125 Seiten
- Sprache: deutsch
- ISBN: 978-3-936188-74-5
- Format: 17,2 x 1,5 x 23,6 cm
- Preis: 19,90 €
ÜBER DEN AUTOR UND WEITERE MITWIRKENDE:
Maria Hense studierte Veterinärmedizin und erhielt 1993 ihre Approbation. Zusätzlich beschäftigte sie sich intensiv mit Verhaltenskunde und Lernpsychologie. Ihr Wissen setzt sie in der eigenen verhaltenstherapeutischen Praxis ein, in der sie im Verhalten auffälligen Hunden und ihren Haltern durch gezielte Trainingsprogramme hilft, Probleme zu lösen. Ihre Ziele sind psychisch gesunde, alltagstaugliche Hunde, zufriedene Halter und eine sinnvolle Beschäftigung für den Vierbeiner, die ihn auslastet, ohne ihn zu überdrehen.
Darüber hinaus ist sie Autorin mehrerer Fachbücher und hält als gefragteReferentin Vorträge und Seminare, um durch die gezielte Schulung der Hundehalter Probleme frühzeitig zu erkennen oder gar nicht erst aufkommen zu lassen.