Giftködergefahr beim Hundespaziergang: was tun im Ernstfall?
Ein emotionales Thema, das unter Hundehaltern leider immer wieder für Aufsehen sorgt, ist das Thema Giftköder. Gerade in letzter Zeit scheinen Giftköder immer zahlreicher und häufiger ausgelegt zu werden. Ob dies nun an einer besseren Organisation der Täter liegt, Giftköder Warnungen durch soziale Medien und Foren nur präsenter werden oder es sich gar um Falschmeldungen handelt – die Sorge um Ihren Hund bleibt die gleiche.
WAS SIND GIFTKÖDER ÜBERHAUPT?
WIE SEHEN SIE AUS? WO WERDEN SIE HÄUFIG AUSGELEGT?
Giftköder sind mit Giften oder scharfkantigen Gegenständen bestückte Leckereien, die Ihrem Hund durch Aufnahme Schaden zufügen bzw. ihn sogar töten sollen. So werden beispielsweise Feuchtfutter oder Hackfleisch mit entsprechend giftigen Stoffen bestückt.
Auch rohe Schnitzel werden gerne mit diesen Stoffen bestreut und zusammengerollt ausgelegt. Aus prinzipiell jeder Leckerei kann somit für einen Hund ein potentieller Giftköder gemacht werden, der menschlichen „Phantasie“ sind da leider keine Grenzen gesetzt und natürlich werden stets Leckereien ausgesucht, die für den Hund besonders reizvoll wirken.
Auch die Giftstoffe mit denen die Köder präpariert werden sind sehr vielfältig und wirken teilweise sofort (ca. ein bis vier Stunden), teilweise mit größerer Verzögerung (ca. ein bis vier Tage) und unterschiedlichen Symptomen. „Beliebte“ Giftstoffe sind Insektizide (Schneckenkorn, Lindan), Herbizide und Rodentizide (Rattengift, beispielsweise Cumarin), aber auch Frostschutzmittel.
Neben diesen giftigen Ködern gibt es auch Köder, die mit scharfkantigen Gegenständen gespickt sind und dem Hund schwere Verletzungen zufügen bzw. zu seinem Tod führen.
So werden beispielsweise Hackfleisch oder Würstchen mit Scherben oder ganzen
Rasierklingen präpariert. Schluckt der Hund diese Köder hinunter, kann er sich die Zunge und Mundhöhle, Speise- und Luftröhre und letztlich auch den Magen Darm Trakt schwer verletzen.
Ausgelegt werde diese Köder überall dort, wo sich auch gerne Mensch-Hund Teams
aufhalten. Also in Parks, beliebten Wiesen- und Waldstücken und Hundefreilaufzonen.
Verstecke sind besonders gerne Gestrüpp und Büsche, da die Hundehalter dort die Köder nicht direkt sehen, die Hunde diese aber natürlich mit ihrer Nase sehr gut finden können. Gerade an Gestrüpp schöpfen Hundehalter oft keinen Verdacht, wenn der Hund dort ausgiebig schnüffelt, weil er scheinbar ja nur markieren will. Aber auch mitten in der Stadt werden Giftköder ausgelegt, beispielsweise an Baumscheiben und Randbeeten, in denen sich die Hunde erleichtern, an Bordsteinen oder Hecken.
Der Grund warum Menschen so etwas machen, bleibt nur zu vermuten. Eines kann aber jeder Hundehalter machen, um Hundehass der eventuell überbordende Ausmaße annimmt, vorzubeugen:
Verhalten Sie sich mit Ihrem Hund stets rücksichts- und verantwortungsvoll und seien Sie anderen Hundehaltern und Menschen ein Vorbild!
Eine vorbeugende Maßnahme ist das vorausschauende Gassigehen. Ähnlich
dem vorausschauenden Autofahren, behalten Sie einfach den Weg den Sie und Ihr Hund abgehen im Auge. Was liegt da auf den Wiesen und Wegen, an denen Sie vorbeikommen, denn alles herum? Beobachten Sie auch Ihren Hund. Wie verhält er sich? Schwenkt er plötzlich von seinem Weg ab und hebt die Nase oder senkt Sie zum Boden und scheint er plötzlich von etwas angezogen zu werden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er gerade etwas in die Nase bekommen hat. Spätestens, wenn ihr Hund an einer Stelle intensiv schnuppernd oder sogar schon schleckend stehen bleibt, sollten Sie reagieren.
Ist Ihr Hund noch im Training, hat er einen schlechten Tag oder Sie wollen einfach auf Nummer sicher gehen, können Sie auch Management betreiben. Hierbei sichern Sie Ihren Hund über ein Brustgeschirr, eine Schleppleine und/oder einen Maulkorb ab.
Die Schleppleine aus Biothane oder Fettleder, die ausschließlich an einem gut sitzenden Geschirr zu verwenden ist, sichert Ihren Hund, der vielleicht noch nicht sicher abrufbar oder ansprechbar ist, davor ab, sich unerwünscht von Ihnen zu entfernen, um zum Beispiel Köder aufzunehmen, im Gebüsch zu verschwinden oder sich zu lange mit einem unidentifizierbaren Gegenstand auseinanderzusetzen.
Ein Hilfsgegenstand, der von vielen Hundehaltern sehr gefürchtet wird, ist der Maulkorb. Ordentlich antrainiert stört dieser Ihren Hund jedoch nicht und kann ihm im Zweifelsfall das Leben retten – was andere Menschen über Ihren Hund denken, dürfte da nicht von Bedeutung sein. Wichtig ist, dass Sie Ihren Hund langsam und mit Hilfe von positiver Verstärkung an den Maulkorb gewöhnen. Ihr Hund sollte diesen gerne tragen und sich davon nicht gestört fühlen. Ebenfalls wichtig ist es, dass der Maulkorb für den Hund bequem ist und perfekt sitzt. Absolut abzulehnen sind die sog. Maulschlaufen aus Stoff. Ist diese so eng, dass der Hund nichts aufnehmen kann, kann der Hund auch nicht mehr hecheln und trinken. Ist sie weit genug, dass der Hund noch Hecheln und Trinken kann, kann er auch selbstständig Futter aufnehmen. Empfehlenswert sind Gittermaulkörbe aus Plastik oder Metall, die im Nasenbereich weich gepolstert sind.
NEBEN RÜCKSICHTSVOLLEM VERHALTEN, VORAUSSCHAUENDEM GASSIGEHEN UND MANAGEMENT, KÖNNEN SIE MIT IHREM HUND FÜR SOLCHE SITUATIONEN TRAINIEREN.
Hierbei ist es nicht zu empfehlen, Ihrem Hund schlicht „zu verbieten“ draußen Futter aufzunehmen. Dies wird häufig über ein aversives Abbruchsignal trainiert, also ein Aus, Pfui, Nein oä. auf das eine negative Konsequenz, beispielsweise wütender Mensch, bedrohliche Körpersprache, Schreien, fliegende Leinen oä, für den Hund folgt. Leider verbinden die meisten Hunde diese Konsequenz mit Ihrem Menschen, und lernen in der Anwesenheit von Herrchen oder Frauchen darf ich kein Futter aufnehmen, wenn Sie nicht hinschauen geht das aber ganz gut. Häufig sieht man aber auch Hunde, die gelernt haben, einfach schneller zu sein als ihr Mensch, diese staubsaugen das Futter dann mit erstaunlicher Geschwindigkeit weg oder laufen schnell davon, außerhalb der Reichweite ihrer Menschen, um dort das gefundene Futter in Sicherheit zu fressen. Bei dieser Trainingsmethode arbeiten Sie gegen Ihren Hund. Sie müssen schneller sein als er und gegebenenfalls so hart strafen, dass selbst hochwertiges Futter für Ihren Hund uninteressant wird. Sie müssen draußen dann ständig die Augen offen halten, um Ihren Hund abbrechen zu können und Ihr Hund ist ständig dabei seine Glücksgelegenheit abzuwarten oder entwickelt Strategien „hinter Ihrem Rücken“ zum Erfolg zu kommen.
Diese Strategien Ihres Hundes sind nichts schlimmes, er will nicht die Weltherrschaft übernehmen, sie sind vielmehr ganz natürlich und absolut wertfrei zu sehen. Alle Lebewesen sind daran interessiert ihre Interessen zu verfolgen, negatives zwar zu vermeiden, dabei aber möglichst angenehmes zu erzielen.
Empfehlenswert sind hier also Trainingsmethoden, die darauf abzielen die Kooperationsbereitschaft Ihres Hundes zu erhöhen, er also lernt, dass es sich für ihn mehr lohnt, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, als sich eigene Erfolgsstrategien zu erarbeiten.
Um dies zu erreichen kann man gut mit Futterspielchen arbeiten, um die generelle Ansprechbarkeit in Zusammenhang mit Futter zu verbessern, hier lassen sich auch gut kleine Impulskontrollübungen an Futter einbauen. Ein Anzeigeverhalten an Futter soll verhindern, dass Ihr Hund draußen fremdes Futter aufnimmt, es Ihnen stattdessen anzeigt, weil er gelernt hat, das von Ihnen dann die bessere Alternative kommt. Draußen gefundenes Futter wird so zum Auslöser von erwünschtem (Anzeige)Verhalten, auf das dann von Ihnen eine Superbelohnung folgt. Für den absoluten Notfall lässt sich auch ein Supertausch aufbauen, mit Hilfe dessen Ihr Hund jederzeit gerne etwas gefundenes
auslässt, um mit Ihnen zu tauschen – statt davonzulaufen oder es schnell noch
herunterzuwürgen. Ich gehe hier mit Absicht nicht näher auf den Aufbau dieser
Trainingsmethoden ein, da es den Rahmen eines Artikels sprengen würde und ich der Meinung bin, nur ein Artikel allein niemals einen kompetenten Hundetrainer ersetzten kann. Der Hundetrainer Ihres Vertrauens wird Ihnen sicher gerne diese Trainingsmethoden leicht verständlich erklären und zeigen.
Häufige Vorurteile im Zusammenhang mit Giftködern sind, dass das Belohnen mit Futter oder Futtersuchspiele das Fressen von ausgelegtem Fremdfutter verstärken.
Dies lässt sich so nicht bestätigen. Hunde können sehr wohl unterscheiden, von wo das ausgelegte Futter kommt und in welchem Zusammenhang. Futter das nach ihren Menschen riecht ist etwas ganz anderes, als Futter, das fremd riecht. So können Hunde durchaus unterscheiden, welches Futter genommen wird und welches nicht. Zusätzlich geschieht eine Futterbelohnung und ein Futtersuchspiel immer in einem ritualisierten, für den Hund deutlich ersichtlichen Rahmen und unterscheidet sich somit für den Hund deutlich von Futter, das plötzlich und für ihn unerwartet gefunden wird.
Hat Ihr Hund draußen doch einen Giftköder gefressen, ist Ihre schnelle Reaktion für ihn überlebenswichtig. Auch wenn ihr Hund noch keine Symptome zeigt, suchen Sie sofort einen Tierarzt auf. Bevor Sie sich auf den Weg in die Tierklinik machen: Wenn noch etwas von dem Giftköder übrig ist, packen Sie diesen Rest mit Hilfe einer Tüte oder Dose ein.
Dies ist wichtig, weil unterschiedliche Gifte, unterschiedliche Behandlungen erfordern. Bei Schneckenkorn ist beispielsweise eine schnellstmögliche Entgiftung notwendig, andere Giftstoffe erfordern dagegen ein Gegengift, während bei scharfkantigen Gegenständen nur eine OP helfen kann. Ist nichts mehr von dem Giftköder übrig, ihr Hund aber mit Durchfall oder Erbrechen reagieren, packen Sie Proben davon ein. Rufen Sie Ihren Tierarzt vorab telefonisch an, um das Ärzteteam vorzubereiten und sicherzustellen, dass die Praxis geöffnet hat bzw. der Notdienst da ist. Wenn Sie Ihren Hund mit dem eigenen Fahrzeug in die Praxis bringen, bringen Sie Ihren Hund im Auto entsprechend sicher unter. D.h. ohne
oder getrennt von anderen Hunden und in einer Box bzw. angeschnallt. Befinden sich andere Hunde in Reichweite des kranken Hundes können diese eventuell Erbrochenes aufnehmen und Sie haben nun doppelte Probleme, auch eventuelle Krampfanfälle des kranken Hundes können weitere Hunde verunsichern oder aggressives Verhalten auslösen. Fahren Sie nun umgehend, ohne Zwischenstopps, aber dennoch besonnen zu Ihrem Arzt. Es hilft ihrem Hund nicht, wenn sie unvorsichtig fahren oder rasen und dabei einen Unfall verursachen! Sollten Sie zu aufgebracht sein, um selbst zu fahren, scheuen Sie sich nicht an die Tierliebe anderer Passanten zu appellieren und um Hilfe zu bitten.
Auch schnell und gut erreichbare Freunde, Familienmitglieder oä. können eine Alternative sein. Generell empfiehlt es sich, wenn möglich einen Beifahrer zu haben, der sich im Notfall um den Hund kümmern kann, sollte dieser einen Herz- oder Atemstillstand erleiden. Sie können sich auch ein (Tier)Taxi rufen, teilen Sie aber bitte der Vermittlungszentrale mit, dass Sie einen Hund transportieren wollen, nicht jedes Taxi nimmt Hunde mit. Sollten Sie in Ihrer Angst die Polizei oder Feuerwehr rufen, sollten Sie wissen, dass werden Sie überhaupt mitgenommen, Sie eventuell hinterher die Einsatzkosten zahlen müssen.
Sind Sie bei Ihrem Tierarzt angekommen geben Sie ihm, falls vorhanden, ihre Giftköder bzw. Proben von Durchfall/Erbrochenem. Teilen Sie ihm wenn möglich mit, wieviel Zeit vergangen ist, wieviel gefressen wurde und ob ihr Hund bereits Symptome oder Verhaltensauffälligkeiten zeigt.
Bei dem Verdacht auf Giftköderaufnahme könne Sie nicht mehr tun, als oben
beschriebenen Ablauf, also so schnell es geht den Tierarzt aufzusuchen. Es gibt keine Erste Hilfe Maßnahmen, die Sie selbst durchführen können, außer darauf zu achten, dass ihr Hund während des Transports sicher untergebracht ist, seine Atemwege bei eventuellem Erbrechen frei bleiben und Wiederbelebungsmaßnahmen bei einem eventuellen Herzstillstand.
Versuchen Sie sich nicht an Hausmittelchen, wie beispielsweise Kohle oder Sauerkraut!
Derartige Maßnahmen erschweren im schlimmsten Fall die schnelle Aufnahme eines Gegengiftes. Bringen Sie Ihren Hund auf keinen Fall selbst zum Erbrechen! Die Aufnahme weiterer Stoffe, die zum Erbrechen führen, könnte die Situation noch verschlimmern, es geht Ihnen wertvolle Zeit verloren, wenn Sie selbst „herumprobieren“. Ist ihr Hund bereits sehr geschwächt oder bekommt Krämpfe, kann er sich an seinem eigenen Erbrochenen die Atemwege blockieren. Und sollte Ihr Hund einen Giftköder aufgenommen haben, der (zusätzlich) scharfkantige Gegenstände enthält, können Sie so die Verletzungen, die Ihr Hund sowieso schon erlitten hat immens verschlimmern.
Natürlich kann es auch sein, dass Sie gar nicht mitbekommen, wenn Ihr Hund einen Giftköder frisst. Ist Ihnen aber bekannt, dass in Ihrer Umgebung gerade Giftköder ausliegen und ihr Hund zeigt plötzlich eines oder einige der folgenden Symptome, suchen Sie umgehend einen Tierarzt auf und äußern Ihre Befürchtung. Denn die Symptome einer Vergiftung oder innerer Verletzungen können manchmal auch erst nach 2-4 Tagen auftreten.
SYMPTOME VERGIFTUNG UND/ODER STARKE SCHMERZEN
• Übelkeit, Erbrechen, Durchfall,
• Atemstörungen, -beschwerden bis -stillstand
• Blasse Schleimhäute, blasses Zahnfleisch
• Starkes Speicheln, übermäßiges Hecheln
• Schwankender Gang, Taumeln, „wie betrunken“
• Muskelzittern, Krämpfe, Zuckungen, Zähneklappern
• Schneller und/oder unregelmäßiger Herzschlag
• Lähmungserscheinungen
• Blick ins Leere, Apathie, Ohnmacht
• Unruhe
• Ungewöhnliche Pupillengröße, unterschiedlich groß, stark geweitet oder verengt
• Blutungen aus Körperöffnungen, Blut im Stuhl oder Urin
• Fieber oder Untertemperatur
• Futter und Wasser verweigern
GEHEN SIE LIEBER EINMAL ZU OFT, ALS EINMAL ZU SELTEN ZUM TIERARZT!
Und was können Sie tun, wenn Sie bei einem Spaziergang einen Giftköder finden?
Sollte Ihr Hund dabei sein, leinen Sie diesen natürlich sofort an und halten ihn vom Köder fern, holen Sie sich eventuell Hilfe durch Bekannte oder Passanten. Machen Sie ein Foto vom Fundort und Köder. Packen Sie danach den vermeintlichen Giftköder vorsichtig in eine Plastiktüte, zum Beispiel einen Kotbeutel, oder in eine Dose ein. Bringen Sie den Köder zur Polizei, damit Sie Anzeige gegen Unbekannt stellen können und die Polizei den Inhalt analysieren kann. Die Polizei muss hier reagieren, denn Giftköder sind nicht „nur“ für Hunde gefährlich. Auch andere Haustiere wie Katzen und Wildtiere sind durch Giftköder gefährdet. Besonders Giftköder, die in öffentlich leicht zugänglichen und gut frequentierten
Gebieten ausgelegt werden sind außerdem eine große Gefahr für (Klein)Kinder. Auch wenn das Kind schon alt genug ist, gefundenes Essen nicht in den Mund zu stecken, Kinder spielen und untersuchen Fundstücke gerne und so können bereits kleine Mengen Gift vom Kind aufgenommen werden und dieses gefährden. Auch Nicht-Hundehalter können deshalb hier eingreifen und helfen, eine potentielle Gefahrenquelle zu bannen.
Weitere Infos, Gruppen und hilfreiche Apps:
http://www.giftkoeder-radar.com