Bikos letzter Tag, Kinderbuch über das Abschiednehmen vom Hund
Mit Texten von Saskia Hula und Illustrationen von Eva Muszynski, Klett Kinderbuch
Abschied nehmen. Für immer. Das ist wohl mitunter das Schwierigste für Menschen. Abschied nehmen von geliebten Menschen – aber auch Abschied nehmen von unseren vierbeinigen Wegbegleitern. Auch ich habe schon mehrfach Abschied nehmen müssen. Jedesmal war es zu früh und es wurde auch nicht von Mal zu Mal leichter. Das erste Mal nahm ich Abschied von unserer Familienkatze. Ich war fünf Jahre alt.
Abschied nehmen. Es gehört zum Kreislauf des Lebens. Und trotzdem ist es oft ein Thema, das vor allem Erwachsene heute gegenüber ihren Kindern stillschweigend ignorieren. Der Tod wird häufig zu einem nicht kindgerechten Thema tabuisiert. Bei uns Erwachsenen spiegeln sich in dieser Entscheidung vor allem die eigene Trauer und der Schmerz. Zu früheren Zeiten war es jedoch völlig normal, über den Tod in adäquater Weise mit einem Kind zu sprechen. Kinder gehen anders mit dem Tod um als Erwachsene. Sie besitzen noch diese kindliche Leichtigkeit, mit der sie in diese großen Themen des Lebens hineinschlüpfen können ohne in Verzweiflung stecken zu bleiben.
Genau hier knüpft das Buch “Bikos letzter Tag” von Saskia Hula und Eva Muszynski an. In diesem liebevoll erzählten und illustrierten Buch erleben wir den Tod aus einer ungewöhnlichen Perspektive: aus der, des Hundes Biko.
Biko ist ein Familienhund. Eigentlich ein ganz normaler. Als er jung war, passte er gerne auf. Er mochte Jagen. Ihm gefiel es über Wiesen zu rennen. Und er liebte seine Familie. Herrchen. Frauchen. Großes Kind. Kleines Kind. Katze.
Nun ist Biko sehr alt. Er ist immer müde. Seine Knochen tun ihm weh. Und er hat immerzu großen Durst. Er will eigentlich nur schlafen. “[…] Es kommt der Tag, an dem er nicht mehr aufpassen muss. Er darf die Augen zumachen und braucht sie nie wieder aufzumachen. […]”
Der Leser erlebt in diesem Buch den letzten Tag von Biko. Was zunächst für uns Erwachsenen schrecklich klingen mag, konnte auch ich irgendwie durchaus nachempfinden. Ich erhielt das Buch, um eine Rezension darüber zu verfassen und stellte es erstmal in mein Arbeitszimmer. Dort stand es. Und stand. Und stand… Ich sah es jeden Tag und traute mich förmlich nicht es das erste Mal aufzuschlagen, geschweige denn zu lesen. Es verging eine relativ lange Zeit, bis ich selbst bereit war, mich damit auseinander zu setzen.
Als ich es schlussendlich gelesen hatte, war ich sehr überrascht. Mit so viel Liebe und Empathie werden die Gefühle und Gedanken von Biko dargestellt. Auch die Trauer der Familie ist spürbar. Jedoch wird die Trauer stets begleitet durch das große Verständnis für Biko.
Die Illustrationen untermalen die Stimmung. Helle aquarellartige Zeichnungen zeigen die Welt schon fast aus Bikos Sicht. Die Bilder wirken weich und über ihnen liegt ein sanfter Schleier. Die Farben sind eher in sich zurückgenommen.
Abschied nehmen ist ein sensibles Thema. Jeder Mensch hat seine eigenen Strategien damit umzugehen. Für Eltern, die mit ihren Kindern offen über den Tod sprechen möchten, ist dieses Buch wirklich unglaublich toll. Kinder können durch dieses Buch begreifen, dass der Tod des geliebten Vierbeiners nicht nur Trauer für sie selbst bedeutet, sondern in erster Linie eine Möglichkeit, dem Tier durch sein Leiden zu helfen.
Das Buch hat nicht die Aufgabe, die Trauer des Kindes abzustellen, denn der Verlust eines Haustieres muss betrauert werden dürfen. Es ist für ein Kind oft tröstlich, wenn es sich mit dem Thema Abschied auseinandersetzen darf. So können Trauer und Ohnmacht vollständig verarbeitet werden. Neue Gefühlsfacetten finden ihren Platz im Gehirn und helfen dem Kind aus seiner Trauer, ohne das Verhalten der Eltern zu spiegeln. Daher ist es unter Umständen für das Kind hilfreich, auch ohne einen Todesfall Verarbeitungsstrategien zu erlernen. Es gibt dem Kind Sicherheit, wenn es Fragen stellen darf und seinen Gedanken freien Lauf lassen kann.
Fazit: Es ist immer schwer ein vierbeiniges Familienmitglied gehen zu lassen. Es entstehen Lücken, die nicht geschlossen werden können. Mein Sohn ist fünf Jahre alt. Wir haben das Buch gemeinsam gelesen. Er stellte mir viele Fragen. Und er konnte die Trauer spüren. Aber er begegnet dem Thema Tod sehr unvoreingenommen. Ich selbst möchte daraus kein Tabuthema machen und ihm die Möglichkeit geben, sich in seinem Rahmen damit auseinander setzen zu dürfen. Für mich ist “Bikos letzter Tag” ein sehr gelungenes Buch. Absolut lesenswert – und deshalb ein Easy Dogs Insidertipp!
VERLAGSINFO:
- Hier kaufen
- Autorin: Eva Muszynski
- Klett Kinderbuchverlag, 2017
- Altersempfehlung: “Ab 4 und für alle”
- Umfang: 32 Seiten
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3-95470-164-3
- Format: 26,4 x 20,0 cm
- Preis: 14,00 €
Am liebsten würde Biko nur noch schlafen. Beim Schlafen spürt er seine wehen Knochen nicht so sehr. Aber er muss doch aufpassen. Auf die Kinder. Auf das Haus. Auf die Katze und die Vögel im Garten. Und auf den Gartenzaun. Wenn er nur nicht immer so müde wäre. Schließlich hebt Herrchen ihn hoch und trägt ihn zum Auto. Bei der Tierärztin beugt sich das große Kind zu Bikos Ohr. „Alles ist gut“, sagt es. „Von jetzt an passen wir aufeinander auf.“
Biko wundert sich. Wie sollen sie aufeinander aufpassen? Sie sind doch nur Menschen. Aber Biko ist froh. Jetzt endlich kann er die Augen zumachen und braucht sie nie wieder aufzumachen.
Geliebte Haustiere, die alt und krank werden – viele Kinder werden damit in ihrem Alltag konfrontiert. Ruhig und behutsam nähert sich das Buch diesem Thema an.