Arbeitsbuch Spürhund: Ein 15-Tage-Programm zur Geruchsprägung, Buch von Paul Bunker
Inhaltlich geht es darum, einem Hund die ersten Schritte beizubringen, einen bestimmten Geruch aufzuspüren und anzuzeigen. Die Spürhundearbeit ist auch unter dem Begriff “Zielgeruchsuche” bekannt.
Wer engagiert ist, kann das Training mit seinem Hund in etwa zwei Wochen absolvieren. Der Schwerpunkt liegt darauf, eine Anzeige aufzubauen und dann den Geruch auch außerhalb des Sichtfeldes des direkten Hundes bzw. ohne, dass er beim Auslegen zusehen konnte, zu finden und anzuzeigen. Es geht also nur um den Anfang der Spürhundearbeit und gibt einen Ausblick darauf, wie das Training weiterführend gestaltet werden kann.
Erfahrungsgemäß dauert dieser Trainingsabschnitt etwa zwei Wochen, aber natürlich soll das Training Mensch und Hund Freude machen. Daher ist es sinnvoll, sich die Zeit zu nehmen, die es individuell braucht. Die Umsetzung steht im Vordergrund, weshalb dieses Arbeitsbuch überwiegend aus Trainingsplänen besteht.
Zum Autor:
Paul Bunker lebt in Texas und begann seine Arbeit 1982 als Hundetrainer beim Militär (Royal Army Veterinary Corps). Seine Ausbildung verbrachte er mit dem Training von Schutzhunden für den Streifendienst und stieg später in die Spürhundearbeit ein. Er hat beim Millitär hauptberuflich Sprengstoffspürhunde ausgebildet und dort die Gründung des Minenspürhundeprogramms der US Army’s Corps of Engineers (Spürhundeabteilung des Verteidigungsministeriums spezialisierter Suchhunde) initiiert. Seit 2014 bildete er Öl-Erkennungshunde aus und setzte sie erfolgreich ein, um Ölunfälle (z.B. Leck an einer Ölpipeline in Kanada) zu bekämpfen. Im Jahr 2017 gründete er das Beratungs- und Trainingsunternehmen für Hunde „Chiron K9“. Paul Bunker verfügt über viele Jahre Praxiserfahrung im Training und Einsatz von Spürhunden.
Mich spricht an, dass Paul Bunker das Training auf Basis der positiven Verstärkung aufbaut und bereits im vorangestellten Kapitel des Buchs das Wohlbefinden des Hundes bei der Arbeit herausstellt. Wichtig ist ein gutes Lernklima zu schaffen und die Körpersprache des Hundes gut zu beobachten, um Stress und Meideverhalten frühzeitig zu erkennen. In jeder Trainingseinheit soll ein Napf Wasser zur Verfügung stehen. Danach werden die Fachbegriffe der Spürhundearbeit erklärt, was ich sehr sinnvoll finde, weil manche Begriffe unterschiedlich genutzt und verstanden werden. Um Lust aufs Buch zu machen seien hier einige genannt: Fortschrittskontrolle, Geruchsbehälter, Geruchserkennungstest, Geruchsfahne, Geruchskegel, Geruchswolke, „Graues“ Verhalten (unklare Kriterien, ungenaue Kommunikation), Nullbehälter, Verleitergeruch, Zielgeruch.
Kapitel 1
befasst sich mit den Grundlagen. „Trainieren Sie immer den Hund, der vor Ihnen steht“ ist ein einfacher Satz, der es in sich hat. Es geht um Individuen, mit unterschiedlichen Bedürfnissen (je nach Tagesform) und darum, die Trainingsschritte stets gut anpassen zu können.
Auf den nächsten Seiten stellt Paul Bunker seinen zeitlichen Fahrplan vor, der damit beginnt, sich den Zielgeruch zu besorgen und einen Vorrat anzulegen. Die Ausrüstung, die dazu benötigt wird, wird beschrieben und dass es sich sehr lohnt, sich darüber ausgiebig Gedanken zu machen. Welche Einweghandschuhe oder Zangen sollen eingesetzt werden, was braucht es für ein möglichst sauberes Arbeiten, ohne Zielgerüche, Eigengerüche, Umgebungsgerüche und Verleitergerüche wild miteinander zu vermischen? Welche Aufbewahrungs- und Geruchsbehältnisse sind empfehlenswert?
Kapitel 2
Das nächste Kapitel widmet sich den Verstärkern. Der Autor erklärt die Wichtigkeit des Themas und warum es sich lohnt, zu Beginn (und während des Trainings immer wieder) die Wahl der Verstärker und deren Hierarchie kritisch zu hinterfragen. Handelt es sich für den individuellen Hund HEUTE wirklich um einen Verstärker? Erfüllt er Bedürfnisse? Wie können wir Belohnungen abwechslungsreich, spannend und effektiv einsetzen?
Und hier beginnt bereits der erste Trainingsplan: Passende Spiel- und Futterverstärker testen, finden und dokumentieren. Und wer denkt, das sei banal: 2 Trainingspläne mit insgesamt 21 Trainingsschritten. ;-)
Kapitel 3
Aufbau und Verwendung des Clickers
kann wahrscheinlich bei vielen Leser:innen hier übersprungen werden. Das Kapitel enthält zwei Trainingspläne +Fortschrittspläne, wie der Clicker mit Belohnung konditioniert wird und es gibt zwei freie Seiten für eigene Notizen der gemachten Erfahrungen.
Kapitel 4
Auswahl des Geruchs
Dieses Kapitel schafft ein gutes Bewusstsein. Wo bekomme ich die Geruchsproben her? Braucht es Genehmigungen, Lizenzen oder bestimmte Anforderungen? Wie können die Proben in möglichst reinster und frischester Form, frei von Kontamination, beschafft werden. Wie werden die Proben verpackt, transportiert, gelagert, geliefert? Gibt es einen Drittanbieter oder einen Zwischenhändler? Lieferzeiten, Verfügbarkeit, Praktikabilität und Kosten könnten unter Umständen eine große Rolle für das Training spielen.
Für den Arbeitsgeruch werden im Buch Kongs genutzt und es wird genau beschrieben, wie diese möglichst „sauber“ ggf. zerteilt, gut gereinigt, gelagert und handtiert werden.
„Die Beschaffung Ihres Geruchs ist unerlässlich und ich würde sogar behaupten, dass sie von entscheidender Bedeutung ist. (…) Die Geruchsquelle ist das erste Glied in der Kommunikationskette in der Spürhundearbeit. (…) Beschaffen Sie also die besten Geruchsproben, die Sie finden können!“ – Um Trainingsfehler zu vermeiden, ist es wichtig, sich hier gut zu informieren, und möglichst rein, sauber, gründlich und gewissenhaft zu arbeiten.
Kapitel 5
Lager und Handhabung des Geruchs
„Es ist sinnlos, hervorragende Proben zu beschaffen und diese dann in einen Karton in den Schrank zu werfen. Schlechte Lagerung und Handhabung führen zur Verunreinigung des Zielgeruchs.“
Hier geht es um’s „Eingemachte“ in Sachen Temperatur, Sonneneinstrahlung, Feuchtigkeit, Schädlinge, Sicherheit, Trennung von Ziel-/Verleitungsgeruch, Primärbehältnisse (Zip-Beutel, Gläser, Plastikgefäße, Mylar-Beutel), Zwischenbehälter, Trägermaterialien, Handschuhe, Handhabung und sinnvoll standardisierten, genauen Routinen und Abläufen. Hier erfährst du, wann genau du den Behälter öffnest (kommt drauf an welchen. ;-)) ob du vorher oder nachher die Handschuhe überziehst und wie das mit der Reinigung des Versteckortes aussehen kann. Hoch spannend sind also die insgesamt ersten 100 Seiten des Buches.
Kapitel 6
Ab jetzt geht es um das Training der Anzeige und die Arbeit mit dem Kong als Arbeitsgeruch. Die Trainingspläne sind auf die Anzeige Sitzen mit Blick zum Zielgeruch ausgerichtet, können jedoch auch abgewandelt werden. Die vielen kleinen Schritte mit ungefährer Zeitangabe sind gut erklärt und auch für Anfänger mit wenig Trainingserfahrung leicht nachzumachen, weil über einen QR-Code auch Videomaterial zum Anschauen zur Verfügung steht.
In diesem Kapitel sind die übergeordneten Schritte wie folgt:
Anzeigetraining: Schritte 1-6:
- Locken ins Sitz mit/ohne Futter
- Locken ins Sitz mittels Flaschendeckel/Kong
- Sitzen und Starren auf Flaschendeckel/Kong in unterschiedlicher Höhe
- Ausdauerndes Sitzen und Starren auf Flaschendeckel/Kong
- Ausdauerndes Sitzen und Starren auf Flaschendeckel/Kong + Einsatz des Markers
- Sitzen und Starren auf Kong
Kapitel 7 – Die Methode der Prägung (Konditionierung)
Hier geht es um die Arbeit mit Geruchsbehältnissen und die Einführung von der Unterscheidung. Zunächst Zielgeruchbehälter und Nullbehälter (Luft) z.B. im Line-up (=Geruchsbehälter, wie zum Beispiel Zuckerstreuer aus Edelstahl oder Glas, mit einem feinmaschingen Sieb-/Löcherverschluss in einer Reihe oder Linie aufgestellt; oder “Boxen” jeder anderer Art wie Autoreifen, Kleidungsstücke, Koffer, Päckchen auf einem Förderband (auf die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten der Line-ups wird im Buch nicht eingegangen.) oder Geruchsrad (=kreisförmig angebrachte Geruchsbehälter, oft drehbar mit dem Vorteil, dass es (theoretisch) keinen definierten Anfangs-/Schlusspunkt gibt und dass die Trainer:in durch Drehen vermeiden kann, dass er/sie selbst weiß, wo die Probe/n mit Zielgeruch ausgelegt sind).
Später dann werden einfache (Gaze, Papier, Einweghandschuhe) und schwierige Verleitungsgerüche (Hotdog, Kaffee, getragene Einweghandschuhe ohne Zielgeruch) hinzugefügt und vom Zielgeruch unterschieden.
Dieses Kapitel ist eher ein Ausblick auf die Vielseitigkeit des Trainings und was Schritt für Schritt alles geübt werden kann und soll: Diskriminierung, Erkennen geringer Geruchsspuren, Generalisieren (verschiedene Variationen derselben Art von Geruchsprobe), wobei das Training und die Systematik des Suchens leider ausgeklammert wird. Das finde ich sehr schade! Ich freue mich jedoch schon sehr auf das nächste Buch, in dem es wohl ausschließlich um Suchsystematik geht.
„Ein Spürhund verbringt etwa 90% der Zeit seines Arbeitslebens mit der Suche und weniger als 10% um das Aufspüren. Dennoch verbringen die Menschen sehr viel Zeit mit der Geruchssphase und investieren nicht in das Suchen. Ihr Trainingsprogramm sollte zu 90% die Suche und zu 10% den Zielgeruch trainieren. Das bedeutet, dass die Suchsysteme getrennt vom Geruch und als eigenständige Verhaltensweisen separat von einander und größtenteils sowohl beim Lernen als auch beim Auffrischen ohne, dass ein Geruch ausgelegt wurde.“
Die Trainingspläne bei der Geruchsprägung sind grob wie folgt unterteilt:
Geruchstraining: Schritte 1-6:
- Einführung der Geruchsbehälter
- Einführung des Zielgeruchs (von Kong zum Zielstoff)
- Überprüfung (Zielstoff gegen Nullbehälter)
- Überprüfung (Dauer der Anzeige ausbauen)
- Überprüfung (Schwache Verleitungsgerüche)
- Überprüfung (andere Verleitungsgerüche)
Kapitel 8 – Trainingsnotizen
Wer schreibt, der bleibt… ;-)
Hier geht es um ein planvolles, strukturiertes Training, Tipps und Tricks für die Umsetzung und auch:
„Denken Sie daran, Ihr Weg in die Spürhundearbeit sollte Spaß machen und Ihnen (und dem Hund) ein gutes Gefühl bringen.“
FAZIT:
Ich mag das Buch und habe einiges dazu gelernt. Der systematische Aufbau und die Trainingspläne finde ich inspirierend, übersichtlich und die solide Basisarbeit kleinschrittig. Wie immer gilt: Nichts ist in Stein gemeißelt.
Es gibt sehr viele Wege das Spürhundetraining über positive Verstärkung aufzubauen und je nach individuellem Team, Motivation und Möglichkeiten, Trainingsziel (ist Einsatzfähigkeit überhaupt gewünscht) und Zielgeruch bzw. Suchkontext ist es immer sinnvoll Trainingspläne anzupassen oder kritisch zu hinterfragen, ob ein Schritt ggf. Vor- und Nachteile für die eigene Spürhundearbeit oder den Alltag hat. Das finde ich, ist die hohe Kunst!
Ich schätze es sehr von Trainer:innen zu lernen, die viele verschiedene Hunde und Teams ausgebildet haben und ihr Training im Rahmen von Realeinsätzen kritisch überprüft haben. Denn erfolgreiches, systematisches Suchen und Finden – ohne Fehlanzeigen –, doppelblind in unbekanntem Suchgebiet unter schwierigen Bedingungen (Bodenbeschaffenheit, Temperatur, Stress, Aufregung, Zeitdruck, starke Ablenkungen usw.) und der Ungewissheit Stoff überhaupt vorzufinden ist schon eine sehr anspruchsvolle Arbeit für Mensch – und Hund!
Das Buch macht (mir) auf jeden Fall Lust darauf, mit dem Hund loszulegen, diese Trainingspläne auszuprobieren und die Welt der Nasenarbeit gemeinsam zu erkunden – Easy Dogs Insidertipp.
VERLAGSINFO:
- Hier kaufen
- Autor: Paul Bunker
- Verlag: Kynos Verlag
- Umfang: 160Seiten
- Abmessungen: 17.2 x 1.5 x 23.4 cm
- Sprache: deutsch
- ISBN: 978-3954642977
- Preis: 22,00 €