Aggressionsverhalten in Hundebegegnungen
Es sind Rüden und Hündinnen, kastrierte und unkastrierte Hunde, Junghunde, erwachsene und alte Hunde, es sind Rassehunde, Promenadenmischungen, große, mittelgroße und kleine Hunde.
Manche haben schlechte Erfahrungen mit anderen Hunden gemacht, andere nicht, manche kommen aus dem Tierschutz mit unbekannter Vergangenheit, andere sind wohlbehütet bei einem guten Züchter aufgewachsen. Bei vielen Hunden wurde schon versucht, etwas an der “Unverträglichkeit” zu verändern, für manche Menschen bin ich die erste Anlaufstelle, die sie aufsuchen.
Was all die Hunde vereint, deren Bezugspersonen sich bei mir melden, ist die mehr oder weniger große Problematik, die entsteht, wenn diese Hunde auf fremde Artgenossen treffen. Und hier haben wir bereits eine Sache, die Fragen aufwirft: Die meisten “unverträglichen” Hunde haben nur Probleme, wenn sie mit fremden Hunden zusammentreffen. Oft haben diese Hunde nämlich durchaus Hundefreunde, mit denen sie sich gut verstehen, manchmal leben sie sogar in einem Mehrhundehaushalt.
Sind diese Hunde dann also wirklich unverträglich?
Sind sie “unsoziale” und damit “abnorme” Vertreter ihrer Art, die dringend eine Verhaltenstherapie brauchen? Es lohnt sich in jedem Fall, genauer hinzusehen.
WAS BEDEUTET “UNVERTRÄGLICH”?
Zunächst einmal ist der Begriff “unverträglich” einer, der sehr weit gefasst und abhängig von der Persönlichkeit des Hundehalters ist, der diesen auf seinen eigenen oder einen fremden Hund anwendet.
Manch ein Hundehalter bezeichnet einen Hund als unverträglich, wenn der einem anderen Hund durch knurren, bellen oder abschnappen klar macht, dass er mehr Distanz braucht – während der andere Hund quasi schon in ihn hinein kriecht.
Für einen anderen Hundehalter ist es völlig in Ordnung und keinesfalls unter “unverträglich” zu verbuchen, wenn sein Hund sich brüllend auf einen anderen Hund stürzt, nur weil dieser aus fünf Metern Entfernung zufällig in dessen Richtung geschaut hat. Die Wahrheit liegt, wie so oft, irgendwo dazwischen.
Aus meiner Erfahrung heraus kann ich sagen, dass wirklich unverträgliche Hunde – und das sind Hunde, bei denen man den Kontakt zu anderen Hunden quasi nicht zulassen kann, weil sie andere Hunde sofort attackieren und unter Umständen schwer verletzen würden – relativ selten sind. Ich habe in meiner mittlerweile über elfjährigen Trainertätigkeit keinen einzigen solchen Hund kennengelernt.
Was ich aber in rauhen Mengen zu sehen bekomme, sind Hunde, die andere Hunde schlecht lesen können, Hunde die aufgeregt oder frustriert sind, Angst bekommen und etwas Unangenehmes erwarten, wenn sie einen Artgenossen erblicken oder Hunde, die schlicht und ergreifend nie gelernt haben, wie man sich anderen Hunden gegenüber verhält.
Ob nun an der Leine oder im Freilauf und vor allem immer dann, wenn es sich um konfliktträchtige Situationen handelt. Diese Hunde sind nicht per se unverträglich, sondern sie brauchen die liebevolle Unterstützung ihrer Bezugsperson, um die nötige soziale Kompetenz zu entwickeln, um den Alltag und die dort stattfindenden Hundegebegnungen meistern zu können.
Um herauszufinden, welche Art der Unterstützung für den jeweiligen Hund in einer bestimmten Situation die richtige ist, sollte zunächst einmal genau beschrieben werden, wie sich der Hund in der problematischen Situation jeweils verhält und was dieses Verhalten für Folgen hat.
Diese Beschreibung ist wichtig, weil sich aus ihr Rückschlüsse auf die Auslöser, die dem Verhalten zugrunde liegende Motivation und eventuelle Verstärker des Verhaltens ziehen lassen. Kein Hund benimmt sich einfach so “daneben”. Er hat Gründe dafür, dass er sich so benimmt, wie er sich benimmt und es ist die Aufgabe der Bezugsperson herauszufinden welche das sind, diese – wenn möglich – zu beseitigen, dem Hund alternative Strategien beizubringen mit Auslösern umzugehen und ihm dadurch zu mehr Lebensqualität zu verhelfen.
Der positive Nebeneffekt: Auch die Lebensqualität der Bezugsperson wird sich ungemein steigern, wenn die täglichen Spaziergänge kein Spießrutenlauf mehr sind, sondern endlich entspannt ablaufen.
Im zweiten Teil der Reihe lesen Sie, welche Ursachen es für Probleme im Umgang mit Artgenossen gibt und welche Rolle diese beim Training mit dem Hund spielen.
TEIL 2: URSACHEN FÜR PROBLEME MIT ARTGENOSSEN
Im ersten Teil der Reihe (siehe oben) habe ich erklärt, dass “unverträgliche” Hunde in sämtlichen Kategorien Hund auftreten. Hunde, die Probleme bei Begegnungen mit Artgenossen haben sind Rüden und Hündinnen, kastrierte und unkastrierte Hunde, Junghunde, erwachsene und alte Hunde, es sind Rassehunde von guten und schlechten Züchtern oder von Vermehrern, Promenadenmischungen, Tierschutzhunde, große, mittelgroße und kleine Hunde.
Die Ursachen für problematisches Verhalten gegenüber Artgenossen sind vielfältig und ich möchte im Folgenden auf die Hunde eingehen, die mir in meiner Praxis am häufigsten begegnen. Was natürlich nicht heißt, dass es nur diese Ursachen gibt, denn die Thematik ist natürlich je nach Hund mehr oder weniger komplex.
1. HUNDLICHES NORMALVERHALTEN
Entgegen der weit verbreiteten Meinung ist es nicht “asozial” oder gar “verhaltensgestört”, wenn ein erwachsener Hund nicht vor Freude aus der Hose hüpft, wenn er einem fremden Artgenossen begegnet. Die Begegnung mit gruppenfremden Tieren bedeutet immer auch die Gefahr von Konflikten und so ist die Reaktion mit Konfliktzeichen auf die Annäherung eines fremden Hundes völlig normales Hundeverhalten.
Zu den Konfliktzeichen gehört beispielsweise das Erstarren/Einfrieren.
Viele Hunde stellen für einen kurzen oder auch längeren Moment jegliche Bewegung ein, wenn sie einen (fremden) Artgenossen wahrnehmen. Dieses Einfrieren lässt den im Gehirn ablaufenden Rechenprozess nach außen hin sichtbar werden: Das Gehirn bewertet das Auftauchen des anderen Hundes. Wie diese Bewertung ausfällt ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Dazu gehören unter anderem der allgemeine Gesundheitszustand des Hundes, sein hormoneller Status, seine aktuelle Stimmung, sein momentanes Wohlbefinden, sein Alter, seine Erfahrungen, die er in ähnlichen Situationen und mit ähnlichen Hundetypen bereits gemacht hat und natürlich auch, wie das Gegenüber sich benimmt und annähert, sowie das Verhalten der Bezugspersonen der beteiligten Hunde.
So kann diese Bewertung in der einen Situation mit diesem Hund positiv ausfallen und die Begegnung verläuft friedlich und angenehm, in einer anderen Situation mit einem anderen Hund fällt die Bewertung eventuell negativ aus und bei einem oder auch beiden Hunden werden Gefühle wie Angst, Wut oder auch Frustration ausgelöst, die dann wiederum Droh- oder auch Aggressionsverhalten nach sich ziehen. Die Unterscheidung zwischen Droh- und Aggressionsverhalten ist an dieser Stelle besonders wichtig:
Ein Hund, der Drohverhalten, wie z.B. Blickfixieren, Knurren und/oder Zähnefletschen zeigt kommuniziert. Das Drohverhalten hat die Funktion tatsächliches Aggressionsverhalten, also eine Attacke, zu verhindern. Doch genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Anstatt die Kommunikation des Hundes als solche wahrzunehmen und ihm friedliche Wege aus der Situation zu zeigen, wird das Drohverhalten von vielen Bezugspersonen als “No-Go” eingestuft und in vielen Fällen sogar bestraft. Genau so nimmt eine sehr ungünstige Entwicklung ihren Lauf.
2. ROLLE DER BEZUGSPERSON
Die Reaktion der Bezugsperson auf erste Konfliktzeichen und Drohverhalten des eigenen Hundes gegenüber Artgenossen ist ganz entscheidend dafür, wie das Verhalten sich künftig entwickeln wird. In einer Situation, in der ein Hund in einen Konflikt gerät oder sich gar genötigt fühlt Drohverhalten zu zeigen, benötigt er die wohlwollende, liebevolle, konsequente, berechenbare und verlässliche Führung und Unterstützung seiner Bezugsperson. Es ist unsere Verantwortung, das Ausdrucksverhalten unserer Hunde wahrnehmen, erkennen und richtig interpretieren zu lernen und daraus die nötigen Hilfen abzuleiten, die der Hund in der Situation gerade braucht. Ziel sollte immer sein, so viel Hilfe zu geben wie nötig, aber so wenig wie möglich.
Der Hund soll lernen, dass er konfliktträchtige Situationen gelassen und friedlich lösen kann und wir als Anlaufstelle immer verfügbar sind, sollte er Unterstützung brauchen. Dazu gehört auch, dass der Mensch lernt selbst die Ruhe zu bewahren und das ist bei weitem die schwierigste Aufgabe in der Behandlung der Problematik. In den meisten Fällen erschreckt sich der Mensch nämlich ordentlich über das Verhalten, das sein Hund für ihn in dieser Heftigkeit doch eher überraschend zeigt. Der Mensch ist verunsichert, weiß nicht, wie er mit der Situation umgehen soll und reagiert dann selbst genauso wenig souverän wie sein Hund. Der Hund hat also in diesem Moment keine Orientierung, niemanden, der ihm helfen kann, die Situation tatsächlich zu meistern. Keine Unterstützung von der Bezugsperson zu erhalten ist für den Hund bereits eine negative Erfahrung. Wenn der Mensch nun aber noch dazu versucht Konflikt- und Drohverhalten durch wie auch immer geartete Strafen oder Korrekturen zu unterdrücken, wird das bei den meisten Hunden dazu führen, dass das unerwünschte Verhalten gegenüber Artgenossen schnell immer schlimmer wird. Sie reagieren früher und heftiger auf anderen Hunde, steigern sich immer weiter in ihr Verhalten hinein. Dass dies so ist, erlebe ich immer wieder, wenn Menschen zu mir kommen, die bereits durch aversive Maßnahmen versucht haben, dem Verhalten ihres Hundes beizukommen und diese Erfahrungen werden mittlerweile von mehreren Studien an Haushunden untermauert*. Aber mal ganz abgesehen von der Wissenschaft: Wenn der Hund tatsächlich der beste Freund des Menschen sein soll, wenn wir behaupten ihn zu lieben und dass er ein Familienmitglied sei, dann sind aversive Einwirkungen, in egal welchem Zusammenhang, schlicht und ergreifend unangebracht.
Wenn das Kind aber nun schon in den Brunnen gefallen ist, sprich der Hund hat eine Leinenaggression entwickelt, und der Mensch ist nicht (mehr) in der Lage ruhig und gelassen zu reagieren, dann ist es nahezu unmöglich aus diesem Teufelskreis ohne kompetente Hilfe von außen wieder herauszukommen.
Gutes Coaching, das dem Hundehalter die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, um dem Hund das Erlernen friedlicher Konfliktlösungsstrategien zu ermöglichen, ihm zu mehr Gelassenheit im Alltag zu verhelfen und in schwierigen Situationen angemessen zu reagieren, sorgt dafür, dass problematische Verhaltensmuster erst gar nicht entstehen und verändert solche Verhaltensweisen sicher und nachhaltig, falls sie schon bestehen.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass gutes Coaching nicht allein im Internet stattfinden kann, vor allem dann nicht, wenn es schon zu Beißvorfällen gekommen ist. Sie können noch so viele Artikel lesen, Videos schauen, Online-Kurse oder Webinare buchen – einen guten Coach, der sich Ihres speziellen Falles annimmt, wird all das niemals ersetzen. Falsch oder nicht vollständig verstandene und damit falsch umgesetzte Trainingsanleitungen sind mit einer der Hauptgründe, warum es zu Aussagen wie “Nur mit positiv funktioniert das aber nicht!” kommt. Deshalb finden Sie hier im Easy Dogs Blog auch keine Trainingsanleitungen, vor allem nicht, wenn es um problematische Verhaltensweisen wie etwa Aggressionsverhalten geht. Außerdem ist das Erlernen der richtigen Trainingstechniken und Maßnahmen zur Verhaltensänderung des Hundes schlicht und ergreifend nur ein mehr oder weniger kleiner Aspekt bei der Arbeit an Begegnungsproblemen. Der weitaus größte Teil liegt in der Bewältigung der eigenen Ängste und dazu braucht es eine erfahrene Fachperson, die mit Ihnen und Ihrem Hund gemeinsam in die Begegnungen geht, Ihnen dabei hilft Situationen richtig einschätzen zu lernen und situationsbezogen die Maßnahmen zu ergreifen, die gerade am sinnvollsten sind. Sie brauchen zunächst genau wie Ihr Hund jemanden, der Ihnen Halt und Orientierung bietet und die Ruhe bewahrt, wenn Sie genau das nicht mehr können. Ich werde später noch darauf eingehen, worauf Sie bei einem gut durchdachten Training zur Verhaltensänderung achten sollten.
3. KRANKHEITEN UND SCHMERZEN
Wenn Hunde problematisches Verhalten zeigen, dann sind Krankheiten, vor allem aber auch Schmerzen, besonders im Bewegungsapparat, eine der häufigsten Ursachen. Wir kennen das von uns selber: Fühlen wir uns nicht wohl, haben wir Kopf- oder Bauchschmerzen, dann ist unsere Reizschwelle deutlich niedriger, als wenn wir uns wohlfühlen, wir fit und gesund sind.
Deshalb ist es immer wichtig, wirklich abklären zu lassen, ob der “unverträgliche Hund” nicht in Wahrheit eigentlich ein kranker Hund oder ein Hund mit Schmerzen ist. Zur Abklärung durch einen kompetenten Tierarzt gehört zunächst eine eingehende Untersuchung des Hundes, inklusive Begutachtung der Zähne und Ohren, Abtasten des Bauchs und Überprüfung der Beweglichkeit der Gelenke. Bei letzterem ist es durchaus sinnvoll auch noch einen gut ausgebildeten Osteopathen oder Physiotherapeuten hinzuzuziehen. Der Haustierarzt ist in der Regel nicht auf den Bewegungsapparat spezialisiert und der geschulte Blick eines Osteopathen oder Physiotherapeuten kann oft wichtige Hinweise auf Schmerzzustände liefern, die sonst vielleicht nicht bemerkt werden. Der Osteopath/Physiotherapeut kann dann durch gezielte Behandlung Linderung verschaffen und Ihnen als Bezugsperson auch weiterführende Übungen für den Alltag zeigen, die Ihrem Hund gut tun.
Des weiteren sollte ein großes Blutbild angefertigt werden, einschließlich der Kontrolle der Schilddrüsenwerte T4 und TSH. Organische Erkrankungen müssen neben Schmerzen unbedingt ausgeschlossen werden – denn beides beeinflusst die Schilddrüsenwerte. Und niedrige Schilddrüsenwerte wiederum führen in vielen Fällen zu einer schlechteren Stresstoleranz, die sich dann wiederum in problematischem Verhalten äußern kann.
Das Thema Schilddrüse und Verhalten ist ein sehr weites Feld, worauf ich hier nicht näher eingehen möchte. An dieser Stelle möchte ich lediglich darauf hinweisen, dass eine Substitution mit Schilddrüsenhormonen ohne vorherige genaueste Abklärung und ggf. Behandlung anderer Erkrankungen und Schmerzzustände fahrlässig ist. Wenn sich im Zuge der Untersuchungen zeigt, dass die Schilddrüsenwerte ohne das Vorliegen anderer Erkrankungen und Schmerzen niedrig sind und im Rahmen einer diagnostischen Therapie die Entscheidung für eine Substitution fällt, dann bedeutet dies jedoch nicht, dass der Hund kein Training braucht, um sein Verhalten zu ändern. Dieser Schluss wird leider häufig gezogen: Tabletten statt Training. Das wird in der Regel nicht zum Erfolg führen, denn der Hund hat in der Zeit, in der er unerwünschtes Verhalten in Hundebegegnungen gezeigt hat auch Lernerfahrungen gemacht. Und diese Lernerfahrungen verschwinden nicht, durch die Gabe von Tabletten.
Nichtsdestotrotz ist die Überprüfung des Gesundheitszustandes des Hundes von entscheidender Bedeutung für die Arbeit an Aggressions- oder Angstverhalten in Hundebegegnungen. Ist der Hund nicht gesund, wird das Training nur bedingt erfolgreich sein. Ganz davon abgesehen, dass wir es unseren Hunden schuldig sind bestmöglich für ihre Gesundheit, ihre Gesunderhaltung und ihr Wohlbefinden zu sorgen.
4. LERNERFAHRUNGEN IM WELPEN- UND JUNGHUNDEALTER
Hunde lernen immer, ein Leben lang. Aber Erfahrungen, die ein Hund im Welpen- und Junghundealter macht, sitzen meistens besonders tief. Macht der Welpe, bereits beim Züchter oder erst im neuen Zuhause, oder der junge Hund also unangenehme Erfahrungen mit Artgenossen und erfährt keine Unterstützung durch seine Bezugsperson entwickelt sich problematisches Verhalten gegenüber anderen Hunden relativ zügig. Unangenehme Erfahrungen bedeuten nicht, dass der Hund gebissen oder überrannt werden muss. Es reicht bereits, wenn ein Welpe oder Junghund sich in Anwesenheit anderer Hunde unwohl fühlt oder sogar Angst empfindet.
Leider ist es auch heute noch häufig so, dass Welpenstunden schlecht geführt werden (zu viele Welpen, keine Rücksicht auf unterschiedliche Temperamente, viel Frei”spiel”, das oft alles ist, nur kein Spiel) und die Welpen dort entweder lernen, dass andere Hunde übergriffig werden, sie selbst grob und unhöflich sein können und dass andere Hunde im Allgemeinen viel Aufregung bedeuten.
Während der Jugendentwicklung reagieren Hunde grundsätzlich emotionaler. Angst- und Aggressionsverhalten werden schneller ausgelöst, gute Impulskontrolle und hohe Frustrationstoleranz gehören bei den meisten Junghunden nicht zur Werkseinstellung.
Werden die Hunde dann in sogenannten “Raufergruppen” zusammengewürfelt, sie trainingstechnisch an die Kandare genommen, weil man ihnen jetzt “nichts mehr durchgehen lassen” darf und sie ihre “Grenzen austesten” und werden sie immer wieder in Situationen mit Artgenossen gebracht, die sie überfordern und die sie noch nicht nach unseren Wünschen lösen können, dann nimmt das Unheil seinen Lauf.
Achten Sie deshalb gut darauf, was Sie Ihrem Welpen und Junghund zumuten. Keine Welpen-/Junghundegruppe ist allemal besser als eine schlechte! Nutzen Sie beispielsweise die Umkreissuche des Netzwerks “Trainieren statt dominieren”, um einen Trainer zu finden, der passende Angebote für Sie und Ihren Welpen bzw. Junghund hat.
5. SCHLECHTE ERFAHRUNGEN ALLGEMEIN
Und dann gibt es natürlich auch die Hunde, die auch im Erwachsenenalter immer und immer wieder schlechte Erfahrungen mit anderen Hunden machen. Oft resultieren diese Erfahrungen jedoch daraus, dass die Hunde durch ihre Erfahrungen im Welpen- und Junghundealter schon vorbelastet sind. Sie ziehen durch ihre Körpersprache und Ausstrahlung Ärger und Konflikte nahezu an, wie ein Magnet. Schnell entsteht ein Teufelskreis. Der Hund, der ohnehin schon unsicher ist, macht mehr und mehr schlechte Erfahrungen mit anderen Hunden, die ihn darin bestätigen, dass andere Hunde nichts Gutes verheißen und wird dadurch noch unsicherer.
Die Bezugsperson, die in den meisten Fällen auch irgendwann genug davon hat, dass ihr Hund immer wieder der Prügelknabe anderer Hunde ist oder durch das Verhalten des eigenen Hundes zunehmend in Stress gerät, beginnt damit Hundebegegnungen zu meiden wo es nur geht. Dem Hund wird so die Möglichkeit genommen gute Erfahrungen machen zu können, umzulernen und sich in freundlichem Sozialkontakt zu üben. Kommt dann doch einmal unerwartet ein anderer Hund zu nahe, verläuft die Begegnung oft noch schlimmer als je zuvor. Das Ende vom Lied ist ein gestresster, genervter, wütender, frustrierter, vielleicht ängstlicher Mensch, der alle anderen Hundebesitzer am liebsten zum Mond schießen würde mit einem ebensolchen Hund.
Die fünf aufgeführten Ursachen sind, wie anfangs bereits erwähnt, mit Sicherheit nicht die ausschließlichen Gründe, warum ein Hund Schwierigkeiten im Umgang mit Artgenossen hat oder entwickelt. Als Trainerin muss ich bei jedem Fall ganz genau hinschauen und für jedes Team individuell die Schritte planen, durch die Mensch und Hund wieder zu mehr Gelassenheit in Hundebegegnungen kommen.
Was sie tun können, um aus dem Teufelskreis auszubrechen, wie Sie dafür sorgen, dass Ihre Spaziergänge wieder entspannt ablaufen, dass Ihr Hund gute Erfahrungen mit anderen Hunden sammeln kann und wieder “sozialverträglich” wird, darüber erfahren Sie mehr im nächsten Teil der Reihe.
QUELLEN:
* U.a. Survey of the use and outcome of confrontational and non-confrontational training methods in client-owned dogs showing undesired behaviors by Meghan E.Herron, Frances S.Shofer, Ilana R.Reisner Applied Animal Behaviour Science Volume 117, Issues 1–2, February 2009, Pages 47-54; The effects of using aversive training methods in dogs—A review by Gal Ziv Journal of Veterinary Behavior Volume 19, May–June 2017, Pages 50-60; Dominance in domestic dogs – useful construct or bad habit? by John W. S. Bradshaw, Emily J. Blackwell, Rachel A. Casey. Journal of Veterinary Behavior: Clinical Applications and Research, Volume 4, Issue 3, Pages 109-144 (May-June 2009); Training methods of military dog handlers and their effects on the team’s performances by A.Haverbeke, B.Laporte, E.Depiereux, et. al. Applied Animal Behaviour Science Volume 113, Issues 1–3, September 2008, Pages 110-122