Die abwechslungsreichen Facetten der Dummyarbeit
„Welches Ziel setze ich mir für das Training, ohne dabei meinen Hund zu langweilen und ihn auch nicht zu überfordern?“ Sich vor der Trainingseinheit Gedanken über die verbale und körpersprachliche Signalgebung zu machen, lohnt sich definitiv. Wer die Signale und Teilziele vor dem Training schriftlich festhält, reflektiert, ob er für den Hund verständlich genug vorgeht und das gewünschte Ziel erreicht.
Beim Dummytraining kommt häufig schon der Mensch durcheinander. Wie soll es erst dem Vierbeiner ergehen bei der Unterscheidung der folgenden drei Hauptfächer:
– Markierung
– Verlorensuche
– Einweisen
Wobei es eigentlich vier sind, rechnet man die Effektivität des Dummytrainings für den Alltag dazu. Gerade die daraus resultierende Teamarbeit zwischen Mensch und Hund ist es, die mich so sehr an der Dummyarbeit und am Apportieren begeistert. Wir fördern und verbessern die Apportierfähigkeiten unseres Hundes, die Fähigkeit der selbstständigen Arbeit und gleichzeitig die Zusammenarbeit mit dem Menschen. Dieser Wechsel der unterschiedlichen Anforderungen und Aufgaben macht das Dummytraining erst so richtig spannend und anspruchsvoll. Dies benötigt und fördert gegenseitiges Vertrauen!
MARKIERUNG
Bei der Markierung merkt sich der Hund die Fallstelle. Auf das Startsignal rennt er zu dieser, nimmt den Gegenstand auf und bringt ihn zu seinem Menschen zurück.
Bei der Markierung wird die Konzentrationsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen aber auch die Impulskontrolle äußerst gefordert. Dem Impuls, dem geworfenen Dummy nicht unverzüglich hinterherzurennen, fällt manchen Hunden sehr schwer. Diese im Dummybereich sogenannte Steadiness, sollte ein besonderes Augenmerk im Training bekommen. Sich Zurücknehmen und ruhig zu warten ist sehr anstrengend und keine Selbstverständlichkeit. Deshalb ist es wichtig, dies hochwertig zu verstärken. In den Anfängen muss das Dummy bei der Markierung noch nicht geworfen werden. Wenn eine geworfene Markierung noch zu schwierig für Ihren Hund ist, dann legen Sie den Gegenstand aus.
Sie werden im Verlauf des Dummytrainings selbst merken, dass es nicht einfach ist, sich die Fallstelle zu merken. Aber auch der Mensch kann sein Erinnerungsvermögen schulen.
Ein Beispiel aus dem Hundehalteralltag soll dies verdeutlichen: Jeder von uns kennt wahrscheinlich die Herausforderung, wenn der eigene Hund im Freilauf sein Geschäft verrichtet und man sich die Stelle aus der Ferne versucht zu merken, um den Haufen einsammeln zu können. Noch anspruchsvoller wird es, sich die „Fallstellen“ zu merken, wenn man mit mehreren Hunden unterwegs ist und sich alle Hunde zeitgleich lösen. Hier kann man schon von einer Mehrfachmarkierung sprechen.
FREI VERLOREN SUCHE
In einem festgelegten Gebiet befinden sich mehrere Dummys. Der Hund konnte das Auslegen nicht beobachten, der Hundehalter kennt hingegen in der Regel den ungefähren Suchbereich. Der Hund wird zur Verlorensuche in das Gebiet geschickt, in dem er mittels Nasenarbeit selbstständig und systematisch mit Hilfe des Windes ein oder mehrere Dummys finden und apportieren soll.
EINWEISEN
Beim Einweisen hat der Hund nicht die Möglichkeit, sich die Fallstelle des Dummys zu merken, wohingegen sich der Halter diese merken muss. Der Hund wird mittels verschiedener Signale zum Zielgebiet geschickt. Dort soll der Hund in unmittelbarer Nähe, unterstützt durch den Suchpfiff, mit der Suche beginnen.
Wenn Ihr Hund noch nicht die ganze Handlungskette eines Apports kann, müssen Sie nicht auf das Üben von Markierungen verzichten. Das Aufnehmen, Tragen und Zurückkommen können wir in einzelne Bausteine zerlegen und separat trainieren. Wichtig ist, dass der Hund und Sie Freude am Dummytraining haben bzw. diese auch zukünftig nicht verlieren.
Wenn man sich die einzelnen Schritte dieser anspruchsvollen Beschäftigungsmöglichkeit vor Augen führt, ist das eine großartige Leistung, die die Hunde vollbringen. Des Weiteren finden Sie in der ganzen Dummyarbeit Elemente, die für den täglichen „Hausgebrauch“ sehr nützlich sind. Da wäre der Rückruf, das Stoppen auf Distanz, das Ausgeben von Gegenständen, Liebgewonnenes mit dem Menschen teilen, Impulskontrolle, Frustrationstoleranz, Warten und vor allem die Kooperationsbereitschaft zwischen Mensch und Hund.
- Erst die Pflicht, dann die Kür! Dies bedeutet, wir vermitteln unserem Hund erst einmal in einem kleinschrittigen Aufbau die einzelnen Elemente. Es empfiehlt sich die Handlungskette des Apports von hinten nach vorn aufzubauen bzw. die einzelnen Bausteine getrennt von einander zu üben. So schleichen sich weniger Fehler ein. Es ist klarer für uns und somit auch für den Hund, welches Etappenziel gerade erreicht werden soll.
HANDLUNGSKETTE
- Die Handlungskette eines Apports sieht im Detail wie folgt aus:
Start-/Grundposition:
Der Hund steht oder sitzt meist seitlich bei seinem Menschen. Die Körperachse des Hundes und des Menschen sollten in die gleiche Richtung zeigen. Dies ist vor allem für das spätere Einweisen von Bedeutung. Der Blick des Hundes sollte nach vorn in das Gelände gehen und nicht zu seinem Menschen. Der Hund muss mitbekommen, was im Gelände passiert, um sich die Fallstellen merken zu können.
Der Hund sollte ruhig und konzentriert Warten. Vorzugsweise ohne dies durch Lautäußerungen zu kommentieren wie beispielsweise Wimmern, Quietschen oder Bellen. Das Team beobachtet aufmerksam die Flugbahn des Dummys und merkt sich die Fallstelle. Im Anschluss startet der Hund auf das Startsignal seines Menschen und rennt freudig und zügig direkt zur Fallstelle.
Das Aufnehmen und Zurückkommen:
Das Dummy sollte der Hund möglichst mittig aufnehmen und auf dem direkten Weg zu seinem Menschen zurück bringen, ohne dabei auf dem Dummy zu knautschen (=darauf zu kauen), unterwegs auszuspucken oder mit einem anderen Dummy, welches er eventuell findet, zu tauschen.
Hier kommt der jagdliche Ursprung deutlich zum Vorschein, da das Wild durch das Knautschen eventuell verletzt werden kann, ist dies auch am Dummy nicht gern gesehen.
Das Tauschen und Ausspucken hat den Hintergrund, dass man nicht möchte, falls das angeschossene Tier noch lebt, sich verkriecht und einen qualvolleren Tod erleidet. Aus den gleichen Gründen sollte der Hund in der Jagd das geschossene Wild auf dem direkten, kürzesten Weg zu seinem Menschen apportieren.
Wenn sich der Hund allerdings für den ungefährlicheren und Kräfte schonenderen Weg entscheidet, vor allem wenn das Apportieren als Freizeitbeschäftigung praktiziert wird, ist meine persönliche Meinung, dass wir das den Hunden eingestehen sollten. Der Hund denkt aktiv mit, überlegt sich selbstständige Strategien und das Verletzungsrisiko ist geringer.
Ausgeben:
Beim Menschen angekommen, sollte der Hund das Dummy auf Signal in die Hand ausgeben.
ÜBERLEGUNGEN ZU DEN EINZELNEN TEILZIELEN:
Ausgeben
Wenn der Hund zur Verteidigung von Ressourcen wie Futter, Spielzeug oder Dummys neigt wird zunächst an diesem Stolperstein trainiert. Ressourcenverteidigung bedeutet, dass der Hund etwas für sich in Anspruch nimmt, was ihm sehr wichtig ist und dies nicht gern ausgibt oder mit anderen teilt. Der Hund kann Ressourcen gegen Menschen oder/und Hunden verteidigen. Häufig kann man im Dummysport beobachten, dass der Hund sich seine Beute zwar abnehmen lässt ohne direktes Aggressionsverhalten zu zeigen, jedoch kann man an der Körpersprache des Hundes oft erkennen, dass er den Gegenstand nicht gern abgeben möchten. Genaues Beobachten oder die Sichtung von Videomaterial zum Training geben genauere Information.
Indizien für Ressourcenverteidigung sind:
- Steif werden, Kopf mit dem Apportiergegenstand im Maul wegdrehen, beim Zurückkommen verlangsamen, nicht zurückkommen oder einen Bogen laufen. Dies kann man mit gutem Training verändern und in erwünschte Bahnen lenken.
- Statt einfach nach dem Apportiergegenstand zu greifen, empfehle ich Ihnen, einen Zwischenschritt ins Training einzubauen: Das Signal „Zeig mal“. „Zeig mal“ bedeutet, dass der Hund sein Köpfchen mit der „Beute“ im Maul in unsere Richtung dreht. Das Ziel dieses Zwischenschrittes ist es, dass der Hund lernt mit seiner Ressource im Maul den Kopf in unsere Richtung zu drehen und vorbereitet ist, wenn der Mensch im nächsten Schritt nach dem Gegenstand greift. Letztendlich ist dann das Ziel, dass der Hund den Gegenstand auf Signal seinem Menschen in die Hand ausgibt.
Mit dem Gegenstand in Richtung Mensch laufen
- Welche Körpersprache zeigt der Hund? Welche Körpersprache „spricht“ die Bezugsperson (und der Trainer) – und wie wirkt diese wiederum auf den Hund? Nehmen Sie eine einladende Körperhaltungen ein, wie bspw. in die Hocke gehen, sich seitlich drehen und / oder Körperschwerpunkt nach hinten richten.
- Gibt es andere Faktoren, die den Hund hemmen könnten: Andere Teams, diverse Gerüche, Bodenbeschaffenheit, Geräusche oder bestrafende Trainingstechniken?
- Das Heimkommen MIT dem Gegenstand zum Menschen ist anders als der Rückruf ohne Gegenstand. Heimkommen ist generell immer wichtiger als den Gegenstand zu bringen!
- Kommt der Hund schnell und freudig heim?
- Kommt der Hund auch zügig zurück, obwohl er weiß, dass im Gelände noch andere Gegenstände liegen?
Den Gegenstand länger tragen
Lassen Sie Ihren Hund neben sich laufen und bieten ihm während dem Laufen den Gegenstand zum Tragen an. Denken Sie daran, dieses Verhalten zu belohnen!
Aufnehmen von Gegenständen
- Für welches Material/Form/Größe hat mein Hund Vorlieben?
- Hunde mit kleiner Zunge fällt das Apportieren nicht immer leicht, da die Abkühlung durch das Hecheln schwerer fällt, als bei Hunden mit großer Zunge.
- Wie nimmt der Hund den Gegenstand auf? Greift er ihn mittig oder nur an einem Ende? Nimmt er ihn richtig ins Maul oder trägt ihn nur mit den Vorderzähnen, weil es ihn unangenehm ist?
- Zahn- und Kieferprobleme können auch ursächlich für eine schlechte oder keine Aufnahme des Gegenstandes sein.
Der Weg hin zum Gegenstand bei der Markierung, bei der Verloren Suche und beim Einweisen
- Welche Faktoren erschweren oder erleichtern diese Handlung?
- Wie sind die Wetterbedingungen? Ist es regnerisch, sehr kalt oder heiß?
- Wie sind die Windbedingungen? (Rückenwind, Gegenwind, Seitwind, Windstill)
- Welche Möglichkeiten bietet uns das Gelände (Geländeübergänge, Wege, Zäune, Gewässer, unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten, Büsche, Hecken, Wald, Hügel, etc.)?
- Die vielen unterschiedliche Gerüche, die wir als Mensch nicht wahrnehmen können, können den Hund beeinträchtigen. (Sehr wildreiches Gebiet, läufige Hündinnen, etc.)
Starten auf Signal
- Kennt mein Hund die Signale wirklich?
- Wie klar und sortiert bin ich in meiner Signalgebung?
- Zeige ich körpersprachliche Signale, die auf meinen Hund bedrohlich wirken?
Warten
- Ist keine Selbstverständlichkeit
- Ist sehr anstrengend
- Wie sehr kann ich die Steadiness strapazieren?
- Wie viel Impulskontrolle steht dem Hundegehirn noch zur Verfügung?
- Warten zehrt sehr an der Ressource im Gehirn, die für unsere Selbstkontrolle verantwortlich ist! Bei Menschen wie bei Hunden.
- Welche Ablenkungen sind vorhanden?
- Training mit anderen Mensch-Hund-Teams ist eine erhöhte Ablenkung.
Konzentrations- und Merkfähigkeit (Markierung)
- Wie groß ist die Ablenkung in der Trainingseinheit und aus der Umwelt?
- Welche Variablen könnte ich im Training verändern? (Zeitlich verzögertes Schicken auf eine Markierung (Memory), Distanzen und Größe des Suchengebietes und der Fallstelle)
- Wie ist die Geländeübersichtlichkeit?
Grundposition
Je exakter der Hund in der Grundposition ist, umso exakter können Sie ihn zur Fallstelle hinschicken und ihm die Richtung vorgeben.
Diese vielen einzelnen Aufgaben müssen dem Hund vermittelt werden bis er sie als eine gesamte Handlungskette verinnerlicht hat. Jedes einzelne Teilchen dieser Handlungskette kann im Alltag geschult werden.
Das schöne an der komplexen Dummyarbeit ist, dass es nicht „nur“ mit dieser Handlungskette allein getan ist. Im Training können leicht einige Variationen eingebaut werden, so dass es für uns und die Hunden attraktiv und spannend bleibt.
Trainieren Sie an unterschiedlichen Orten und wählen unterschiedliche Geländebeschaffenheiten: Einmal auf einer Wiese, auf dem Feld, im Wald oder am/im Wasser. Verwenden Sie unterschiedliche Gegenstände in Materialien, Gewicht und Farben. Variieren Sie die Sichtbarkeit für den Hund bei der Markierung. Einmal kann der Hund die ganze Flugbahn verfolgen, ein anderes Mal nur einen Teil oder auch nur den Aufprall des Gegenstandes an der Fallstelle hören bzw. sehen. Ebenso sind unterschiedliche Distanzen sowie zeitlich verzögertes Schicken auf die Markierung eine Herausforderung im Training.
Im Laufe der Zeit wird Ihr Hund bei einem guten Aufbautraining soweit sein, dass er auch Mehrfachmarkierungen meistern kann. Dies bedeutet, dass Ihr Hund bspw. zwei nacheinander geworfene Markierungen bekommt, die er einzeln bzw. nacheinander Ihnen apportiert. Lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf – natürlich immer angepasst an das Leistungsniveau und die Tagesform Ihres Vierbeiners. Um nicht in Muster zu fallen und die Dummyarbeit vielseitig zu gestalten, habe ich in Kooperation mit Easy Dogs das handliche Trainingstagebuch speziell für die Dummyarbeit (Easy Dogs Hundebuch-VERLAG) entwickelt.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Apportiertraining und bei der Dokumentation Ihrer Fortschritte!