Spaziergang mit dem Minihund: Hauptsache oder Nebensache?
Warum ich überhaupt einen Artikel über dieses Thema schreibe? – Gute frage – ich erkläre es euch gern.
Neulich erlebte ich folgende Situation, die ich aus der Ferne beobachten konnte:
Eine erwachsene Person ging mit ihrem Minihund an der Leine im Stadtbezirk spazieren. Die Person beschäftigte sich intensiv mit ihrem Handy (auf gut deutsch „daddelte“) und hatte alle Sinne auf ihren elektronischen Begleiter gerichtet. Wer hier auf der Strecke blieb, war ihr kleiner Hund. Dieser hatte nämlich, unbemerkt von der anwesenden Person, eine spannende Schnüffelstelle gefunden und war dort stehengeblieben. Es kam, wie es kommen musste: Die kleine Hundenase wurde kurz über den Asphalt gezogen, bevor er im hohen Bogen abhob, um kurz darauf wieder zu landen.
In dieser Situation war das Handy die Hauptsache und der Hund klar die Nebensache.
Ganz ehrlich?
Wer von euch hat das schon mal beobachtet oder wem ist es sogar selbst passiert?
Ihr könnt leider meine erhobene Hand nicht sehen, deshalb schreibe ich es: Ich, hier! Mir ist das schon passiert.
Ich hatte das Glück, dass ich vor dem Minihund mit einem 30kg schweren, und zum Teil reaktiven Hund, üben durfte, was Aufmerksamkeit und Achtsamkeit beim Hundespaziergang bedeuten. Mit zunehmendem Alter von Nemo kam dann auch Entschleunigung dazu.
Was hat die ganze Situation bewirkt? Ich habe mir eine Frage gestellt:
Wer von euch hat dieses Verhalten schon mal bei Menschen mit großen Hunden beobachtet? Um den Vergleich zu verdeutlichen, sage ich jetzt sogar mal sehr großen Hunden?
Ziehen Menschen ihre Doggen, Bernhardiner, Mastiffs oder ähnlich große Hunde auch einfach weiter, ohne es überhaupt zu bemerken?
Steile These: Nein.
Ich behaupte, es ist (fast) unmöglich einen Hund, der ein ähnliches Gewicht auf die Waage bringt wie man selbst, an der Leine weiterzuziehen, ohne es zu bemerken.
Alleine also schon aufgrund ihrer Größe und Gewicht können größere Hunde ihren eigenen Wünschen nachgehen.
Aber ist das fair?
Nein, absolut nicht und für alle, die jetzt argumentieren “Tja, das Leben ist halt nicht fair”, denen muss ich sogar recht geben.
Nochmal: ABER!
Der kleine Hund hat sich nicht selbst ausgesucht, klein und leicht zu sein und vor allem hat er sich nicht ausgesucht, um bei diesem Beispiel zu bleiben, bei einer Person zu wohnen, die mit ihrem Handy daddelt, während sie mit ihrem Hund unterwegs ist.
Wir haben die Verantwortung dafür, dass die Bedürfnisse unserer Hunde erfüllt werden, die sie sich nicht selbst erfüllen können, wie z.B. auf dem Spaziergang, Zeit zum Lesen der Hundezeitung und Ruhe, um kleine und große Geschäfte verrichten zu können.
Ein Spaziergang ist eine wertvolle, gemeinsame Zeit mit unserem Hund und wir entscheiden, ob er dabei die Hauptsache oder eine Nebensache ist.
Wir haben nicht unendlich viele Spaziergänge. Irgendwann wird uns unser Hund nicht mehr begleiten können und es liegt bei uns, wie wir diese Zeit nutzen.
Und zum Insta checken ist noch genug Zeit, wenn der Hund ein paar Kekse im Laub sucht oder sich in die Sonne legt… Oder wir lassen das Handy einfach mal im Flugmodus in der Tasche und nehmen uns bewusst Bildschirm frei. ;)
Gerade kleine Hunde können mit ihren Bedürfnissen schnell übersehen werden. Aufgrund ihrer geringen Größe in einer riesigen Welt, sind gerade wir, als ihre Bezugspersonen, dafür verantwortlich, wahrzunehmen und achtsam mit ihnen durch die Welt zu laufen. Lege dich ruhig mal zu deinem Hund auf den Boden und wechsle die Perspektive.
“Empathisch zu sein, bedeutet, die Welt durch die Augen der anderen zu sehen und nicht unsere Welt in ihren Augen.”
Carl R. Rogers