Tierarzneimittel – Unterschiede zu Präparaten aus der Humanmedizin
Bestimmt kennen Sie das: Ihr Tier ist krank und bekommt beim Tierarzt z.B. Baytril, ein Antibiotikum. Ein Arzneimittel, das Sie nicht aus der eigenen Antibiotikabehandlung kennen. Der Grund, warum Tiere andere Arzneimittel bekommen als wir ist, dass sie u.a. Krankheiten haben können, die nur Tiere betreffen und kein Gegenmittel in der Humanmedizin existiert. Viele Menschenarzneimittel werden von Tieren auch nicht vertragen, haben keine Wirkung oder können tödlich enden (Penicillin bei Vögeln, Loperamid bei bestimmten Hunderassen).
WOHER KOMMT DAS?
Tiere unterscheiden sich stark von uns Menschen, selbst verschiedene Tiere vertragen nicht alle Tierarzneimittel. Daher beachten Sie bitte immer, welche Tierarten auf der Verpackung des Arzneimittels angegeben werden. Das bekannte Zeckenmittel Exspot ist für Hunde zugelassen. Immer wieder hört man, dass auch Katzenbesitzer dieses Mittel verwenden. Katzen können dieses Mittel in ihrer Leber jedoch nicht abbbauen, was zu Vergiftung und dadurch zum Tode führt. Folge hiervon war, dass das Zeckenmittel nun verschreibungspflichtig ist. Aber auch Tiere gleicher Arten haben in ihren Genen unterschiedlichste Merkmale. So haben viele Hunderassen z.B. Collie, Bobtail, Australian Shepherd einen Gendefekt, der bei Gabe von Loperamid (gegen Durchfall) zum Tode führt, da der Wirkstoff dadurch vermehrt in das zentrale Nervensystem eindringt. Dies liegt an dem bei bestimmten Rassen weit verbreiteten MDR-1-Gendefekt. Bei diesem Defekt fehlt der MDR-Transporter, der Bestandteil der Blut-Hirn-Schranke ist. Dieser verhindert, dass giftige Verbindungen und Arzneimittel nicht ins Gehirn eindringen können. Fehlt dieser Transporter, so treten zahlreiche Arzneimittel verstärkt bzw. unkontrolliert ins Gehirn ein, verursachen so neurotoxische Reaktionen und können tödlich sein. Besitzern solcher Hunderassen wird empfohlen, vom Tierarzt einen Gentest bei Ihren Hund durchführen zu lassen, um solche drastischen Nebenwirkungen bei Gabe von Arzneimitteln zu verhindern. Die Hunde werden in drei unterschiedliche Genotypen eingeteilt: der MDR1(+/+)-Typ ist von diesem Defekt im Gegensatz zum MDR1(-/-)-Typ nicht betroffen. Bei den “Merkmalsträgern” MDR1(+/-), die normalerweise diesen Defekt “nur” weitervererben, sind mittlerweile auch Reaktionen in abgeschwächter Form bekannt geworden.
Hier finden Sie eine Übersicht über problematische Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen bei Hunden mit MDR1-Defekt:
http://www.vetmed.uni-giessen.de/pharmtox/mdr1_defekt/arzneistoffe.php
Ebenfalls spielt die Dosierung eine wichtige Rolle. Für Hunde gibt es ebenfalls das Antibiotikum Amoxicillin kombiniert mit Clavulansäure. Die verfügbaren Dosierungen für den Menschen sind allerdings zu hoch für unsere Tiere, so dass es ein spezielles Tierarzneimittel mit angepasster Dosis gibt. Viele tierische Bakterien sprechen aber auch nicht auf unsere Antibiotika an. Daher gibt es in der Tiermedizin noch alte Antibiotika wie z.B. Chloramphenicol (wird bei uns Menschen nicht mehr angewandt) oder Antibiotika, die es für uns gar nicht gibt (z.B. Baytril).
Außerdem muss beachtet werden, ob die Arzneimittel sich in das Fettgewebe der Tiere einlagern und wie lange sie dort verbleiben. Normalerweise gibt dies der Hersteller auf den Verpackungen der Tierarzneimittel an. Wichtig ist dies v.a. für Landwirte etc., deren Tiere in die Lebensmittelindustrie gehen, da im Fleisch keinerlei Reste von Medikamenten nachweisbar sein dürfen.
Wie bei Arzneimitteln für Menschen gibt es bei denen für Tiere ebenfalls freiverkäufliche und verschreibungspflichtige. Bestimmte Wurm-, Floh- und Milbenmittel sowie Aufbaupräparate sind für Tierhalter frei zu kaufen. Die meisten Tierarzneimittel fallen aber unter die Verschreibungspflicht, die in der Apotheke bei Abgabe mit Nachweis eines Rezeptes dokumentiert werden müssen. Meistens können diese Arzneimittel auch direkt beim Tierarzt nach der Behandlung des Tieres mitgenommen werden, da es den Tierärzten, im Gegensatz zu Humanmedizinern erlaubt ist, Arzneimittel an den „Patienten“ abzugeben. Voraussetzung hierfür ist, dass das Tier bei dem jeweiligen Tierarzt in Behandlung ist.