Was ist der “Will to please” beim Hund?
Frei übersetzt bedeutet es “der Wille zu Gefallen” und ist in vielen Rassebeschreibungen, insbesondere von Hütehunden, Retrievern und Gesellschaftshunden zu finden.
Diese Beschreibung macht diese Hunde beliebt, denn sie erzeugt ein Bild eines gelehrigen, anhänglichen und leicht erziehbaren Hundes.
WAS GENAU STECKT DAHINTER UND IST EIN WILL-TO-PLEASE-HUND WIRKLICH SO LEICHT ERZIEHBAR?
Folgenden Hunderassen wird der sog. “Will-to-please” zugeschrieben:
- Australian Shepherd (Aussie)
- Bordercollie
- Deutscher/Weißer/Belgischer Schäferhund
- Shetland Sheepdog (Sheltie)
- Australian Kelpie
- Australian Cattle Dog
- Golden Retriever
- Labrador Retriever
- Dobermann
- Havaneser, Bologneser, Malteser
- Papillon
- und andere
Dies sind Arbeitshunde, die für eine Aufgabe gezüchtet wurden, die eine enge Abstimmung mit dem Mensch erfordert: ein Hütehund- oder Treibhund wurde dafür gezüchtet eine Herde zusammenzuhalten, zu einer anderen Weide zu führen oder einzelne Tiere zu separieren. Die Aufgabe der Retriever ist es, erlegtes Wild zu finden und zum Jäger zu bringen.
Oder es sind Gesellschaftshunde, die dafür gezüchtet wurden, gerne Zeit mit ihrem Mensch zu verbringen, ihnen ein Sozialpartner zu sein.
Diese Hunde wurden also bewusst darauf selektiert, nah beim Menschen sein zu wollen, diesen fein lesen zu können und eine starke Kooperationsbereitschaft zu zeigen.
Im Vergleich dazu zeigen Hunde wie z.B. der Dackel oder Terrier eher wenig “will to please”, denn sie wurden zwar auch für eine Zusammenarbeit mit dem Menschen gezüchtet, jedoch für eine sehr viel selbständigere Arbeit, die auch eigene Entscheidungen erfordert. Ein Terrier wird im Bau beispielsweise nicht seinen Menschen fragen können, wie er mit einer Situation umgehen soll, er muss also in der Lage sein, selbst Entscheidungen treffen zu können.
TUN DIE HUNDE DAS WIRKLICH NUR DEM MENSCHEN ZU LIEBE?
Ja, Will-to-please-Hunde sind leicht zu motivieren und somit auch in vielen Bereichen leichter trainierbar als andere Hunde. Und sie arbeiten gerne mit dem Menschen zusammen. Im Alltag und für Beschäftigungen kann diese Motivation sehr gut genutzt werden.
Wenn ein Hütehund Schafe hüten soll, wird er diese Arbeit sowieso gerne ausführen, schließlich wurde er darauf selektiert und es kommt hierbei zu einer hohen Dopaminausschüttung. Daher wirkt es selbstbelohnend und er wird diese Aufgabe schon aus einer Eigenmotivation heraus erfüllen.
Geht es aber darum, etwas zu tun, was nicht dem aktuellen Bedürfnis des Hundes entspricht, wird man genauso wie bei anderen Hunden Training und passende Verstärker benötigen. Ansonsten kann es durchaus passieren, dass auch ein Hund vom Typ “will to please” schnell lernt, dass die Umwelt sehr viel spannende Dinge bietet als seine Bezugsperson.
SIND DIESE HUNDE WIRKLICH “ANFÄNGERHUNDE”?
Die Erwartung an diese Hunde ist oft, dass sie leicht zu erziehen sind und man auf Belohnungen wie z.B. Futter verzichten kann, da Lob und Anerkennung ihre wichtigste Motivation darstellen.
Soziale Interaktion wird jedoch niemals das alleinige Bedürfnis eines Hundes sein. Gerade Arbeitshunde haben ein hohes Bedürfnis an Bewegung und Beschäftigung und diese können sehr viel stärker sein, als das Bedürfnis, mit dem Menschen zusammenzuarbeiten.
Gut motivierbare Hunde sind oft leicht zu trainieren, sie sind aber auch oft leicht erregbare Hunde, bei denen Gelassenheit in verschiedenen Alltagssituationen nicht immer selbstverständlich ist. Gelehrige Hunde, die schnell Verknüpfungen bilden, lernen zudem auch schnell unerwünschtes Verhalten. Diese Eigenschaften können für die/den Hundehalter:in durchaus herausfordernd sein, sodass bei Schwierigkeiten möglichst rechtzeitig professionelle Unterstützung geholt werden sollte.
Hunde von Typus will-to-please wenden sich in herausfordernden Situationen gerne an ihren Menschen. Geht es darum, eine Aufgabe zu bewältigen oder eine emotional schwierige Situation zu meistern, fragen sie schneller nach Hilfe, als es ein Hund vom Typus Terrier tun würde.
Um zu vermeiden, dass daraus eine Abhängigkeit entsteht, gilt es ein gutes Maß zwischen Unterstützung und Selbstwirksamkeit zu finden.
BEDÜRFNISORIENTIERTES ZUSAMMENLEBEN MIT WILL-TO-PLEASE-HUNDEN:
Hunde mit starkem “will to please” stellen ihre Bedürfnisse bereitwillig zurück, trotzdem sind diese Bedürfnisse da und es ist unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass das Wohlbefinden des Hundes darunter nicht leidet.
Vor allem bei den Arbeitshunden gilt es, ihre Anlagen entsprechend zu fördern und für ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen den eigenen Bedürfnissen und denen des Hundes zu sorgen.
Die Bereitschaft zur Kooperation ist zudem nicht nur eine angeborene Fähigkeit, sondern auch von anderen Faktoren abhängig: je besser der Mensch als Bindungspartner fungiert und die Bedürfnisse seines Hundes achtet, desto höher wird die Kooperations- und Kompromissbereitschaft des Hundes sein.
Außerdem führt der sensible Charakter dieser Hunde dazu, dass sie die Stimmung ihres Menschen sehr fein wahrnehmen. Unsichere und leicht hemmbare Hunde nehmen also auch potenzielle Konflikte sogleich wahr und entscheiden sich deshalb schneller, ihre Bedürfnisse hinten anzustellen. Hier sollte man genau hinterfragen, aus welcher Motivation heraus der Hund tut, was der Mensch möchte: weil er ihm gefallen möchte oder womöglich aus Unsicherheit, weil er Konflikte oder gar Strafen vermeiden möchte?
FAZIT:
Will-to-please-Hunde sind leicht zu motivieren und arbeiten gerne mit ihrem Mensch zusammen. Trotzdem sind diese Eigenschaften kein Versprechen für einen leichtführigen Hund. Manche Eigenschaften dieser Hunde können trotzdem herausfordernd sein und es bedarf für jede:n Hundehalter:in ein Basiswissen über Lerntheorie und Hundeverhalten.
(Beitrag aktualisiert: 14. Februar 2024)