Schilddrüsentablette für den Hund vergessen – und jetzt?
Halter:innen von Hunden mit einer Schilddrüsenunterfunktion kennen es: der Vierbeiner benötigt je nach Medikament sehr regelmäßig alle 12 oder 24 Stunden das Schilddrüsenhormon Thyroxin (T4), da die Schilddrüse des Hundes nicht in der Lage ist, dieses Hormon selbst in ausreichender Menge zu bilden.
Was im Alltag reibungslos und zuverlässig funktioniert, gerät im Urlaub oder bei besonderen Vorkommnissen hingegen auch mal in Vergessenheit.
DOCH WAS TUN, WENN DIE HORMONGABE VERGESSEN WURDE?
Zu dieser Frage liegen derzeit leider (noch) keine umfangreichen Untersuchungen an Hunden vor. Basierend auf dem physiologischen Schilddrüsenstoffwechsel des Hundes empfehlen die Hersteller der jeweiligen Hormonpräparate und Endokrinolog:innen jedoch ein identisches Vorgehen.
Bei Forthyron® handelt es sich um ein Thyroxin-Präparat, das grundsätzlich zweimal täglich im Abstand von 12 Stunden gegeben wird. Zwei bis vier Stunden nach der Gabe sind im Blut die höchsten T4-Konzentrationen messbar. Anschließend sinken die Werte wiederum, sodass sie sich 12 Stunden nach der Tablettengabe im unteren Referenzbereich befinden.
Diese Angaben sind jedoch Durchschnittswerte. Bei unterschiedlichen Hunden können sich individuelle Schwankungen ergeben. Neben individuellen Unterschieden ist die Aufnahme des Thyroxins durch den Körper und auch die Ausscheidung von zahlreichen weiteren Faktoren abhängig. Unter anderem die Dosierung des Hormons, die Funktion der Schilddrüse, Darm- und Lebererkrankungen, die Fütterung sowie die Gabe anderer Medikamente können die Aufnahme und Ausscheidung beeinflussen.
Abweichungen von ein bis zwei Stunden von dem angestrebten 12-Stunden-Rhythmus stellen daher in der Regel kein Problem dar. Fällt also innerhalb dieses Zeitraums auf, dass die Gabe vergessen wurde, kann sie innerhalb der genannten ein bis zwei Stunden nachgeholt werden.
Fällt die vergessene Hormongabe hingegen erst einige Stunden später auf, sollte sie komplett ausgelassen werden und der Vierbeiner zum nächsten Zeitpunkt seine reguläre Dosis erhalten. Es sollte keinesfalls die doppelte Dosis gegeben werden.
Wethyrox® und Leventa® sind Thyroxin-Präparate, die einmal täglich gegeben werden können, aber teilweise auch zweimal täglich eingesetzt werden. In letzterem Fall gilt das gleiche Vorgehen wie bei Forthyron®.
Ein bis fünf Stunden bzw. zweieinhalb bis drei Stunden nach der Gabe sind im Blut die höchsten T4-Konzentrationen messbar. Anschließend sinken die Werte kontinuierlich.
Werden Wethyrox® oder Leventa® nur einmal täglich, also alle 24 Stunden gegeben, kann die Gabe bis zu 12 Stunden lang nachgeholt werden. Nach diesem Zeitfenster sollte sie vollständig ausgelassen werden und der Hund seine reguläre Dosis zum nächsten geplanten Zeitpunkt erhalten. Es sollte keinesfalls die doppelte Dosis gegeben werden.
Werden Forthyron®, Leventa® oder Wethyrox® später als ein bis zwei Stunden bei zweimal täglicher Gabe bzw. als 12 Stunden bei einmal täglicher Gabe nach der regulären Uhrzeit verabreicht, ist der Zeitraum bis zur nächsten Hormongabe deutlich kürzer als üblich. Der Hormonspiegel im Blut ist unter Umständen noch recht hoch, wenn die nächste Gabe erfolgt. Es besteht die Gefahr einer kurzfristigen Überversorgung mit Schilddrüsenhormonen. Zu den Symptomen einer Überversorgung gehören unter anderem Hecheln, eine übermäßige Aktivität und Unruhe, ein schneller Herzschlag, übermäßiger Durst und ein häufiger Urinabsatz, vermehrter Appetit, Erbrechen und Durchfall. Ebenfalls können Hunde verstärkt Angst- oder Aggressionsverhalten sowie eine erhöhte Reaktivität zeigen.
Wenngleich Hunde kurzzeitig hohe Schilddrüsenhormonspiegel und Überdosierungen in der Regel gut tolerieren können und nur selten die genannten Symptome zeigen, kann dies insbesondere bei (unerkannten) Vorerkrankungen dennoch gesundheitsgefährdend sein und sollte unbedingt vermieden werden.
Eine Überversorgung mit Schilddrüsenhormonen ist grundsätzlich akut gefährlicher als eine Unterversorgung.
Im Allgemeinen führt eine Unterversorgung erst nach einigen Tagen bis Wochen zu den körperlichen Symptomen einer Schilddrüsenunterfunktion, wie Haut- und Fellproblemen, Gewichtszunahme, Augen- oder Ohrenentzündungen. Daher ist eine kurzfristige Unterversorgung durch eine vergessene Hormongabe grundsätzlich einer möglichen Überversorgung durch die verspätete Gabe vorzuziehen. Dennoch sollte bedacht werden, dass Verhaltensänderungen, wie Antriebslosigkeit, eine erhöhte Reaktivität oder Angst- und Aggressionsverhalten auch bereits kurzfristig auftreten können. Insbesondere bei Hunden mit Verhaltensproblemen sollte eine regelmäßige Gabe angestrebt werden.
Weitere Informationen zur Entstehung einer Schilddrüsenunterfunktion, Symptomen, Diagnostik und Therapie lesen Sie in dem Buch „Schilddrüsenunterfunktion beim Hund – Fragen und Antworten für Hundehalter“ von Dr. Lara Steinhoff (Easy Dogs Hundebuch-Verlag).