Emotionen bei Hunden sehen lernen. Eine Blickschule. Buch von Katja Krauß und Gabi Maue
Buch von Katja Krauß & Gabi Maue, Kynos Verlag
GROSSARTIGES STANDARDWERK ZUR KÖRPERSPRACHE DER HUNDE
Wenn Sie einen Hund verstehen möchten, schauen Sie sich ihn an: Sein Körper sagt alles. Ich bin überzeugt davon, dass man allein mit einem tieferen Verständnis über hündische Ausdrucksmöglichkeiten und ihre Bedeutung das Zusammenleben von Mensch und Hund so viel leichter, stressfreier und harmonischer gestalten kann.
Der Ursprung von Verhaltensproblemen ist nicht selten begründet in einer Unkenntnis über die Bedürfnisse und die Körpersprache unserer vierbeinigen Begleiter. Wie oft erlebe ich Fehlinterpretationen, die zu vielen Missverständnissen im Alltag führen, bis hin zu wirklich brenzligen Situationen zwischen Hund und Halter. Das ist traurig, tragisch und vollkommen unnötig. Denn spätestens jetzt liegt ein echtes Standardwerk zum Ausdrucksverhalten unserer Hunde vor, das wirklich in keinem Haushalt fehlen sollte.
„Ohne Übertreibung kann man von einem monumentalen Werk sprechen“ schreibt Linda Tellington-Jones in ihrem Vorwort. Und was soll ich sagen: Sie hat absolut recht.
BILDERBUCH DER HUNDESPRACHE
Was dieses Buch so besonders macht, ist die unglaublich umfassende Darstellung an Kommunikations-, Bewegungs- und Ausdrucksverhalten in Bildern. Auf 624 Seiten erfährt der Leser detailliert anhand von 1.300 Fotografien und Bildserien alles über das emotionale Leben der Hunde. Das Werk ist, neben einem Vorwort und einer Kurzeinführung der Autorinnen, in drei große Teile untergliedert.
VON KOPF BIS FUSS
Der erste Teil beschäftigt sich eingehend mit den einzelnen Körperregionen. Der Kopf samt Mimik, Hals, Stirn, Augen, Ohren, Maul und Zunge wird bis hin zur Symmetrie der Gesichtshälften quasi seziert. Wie sieht ein entspanntes Hundegesicht aus? Wie äußern sich angespannte Aufmerksamkeit oder freundliches Interesse? Was ist ein „harter Blick“? Das Absenken des Kopfes allein kann je nach Situation und in Kombination mit anderen Signalen viele unterschiedliche Bedeutungen haben: Beschwichtigung und Respekt, vorsichtige Annäherung, Stress, Anspannung, offensive Angriffshaltung oder Ärger. Es ist unglaublich spannend und lehrreich zugleich, die unterschiedlichen Hundetypen in den verschiedensten Situationen so detailliert und in Ruhe betrachten zu können.
Danach ist der Körper in seiner Ganzheit an der Reihe: Von der Rückenlinie über die Gliedmaßen und Gelenke bis hin zum Körperschwerpunkt widmen sich die Autorinnen jedem noch so kleinen Detail. Verschiedene Körperhaltungen in unterschiedlichen Gangarten oder im Stehen und Liegen werden analysiert und es wird klar, dass minimalste Veränderungen bereits für einen völlig anderen Ausdruck sorgen können. Auch der Einfluss des Leinenzugs auf den Körperausdruck wird thematisiert, ebenso wie typische Schmerzhaltungen und Auswirkungen von Krankheiten und Alter auf das Ausdrucksverhalten. Ebenso spielt das Fell eine wichtige Rolle im emotionalen Leben unserer Hunde. Nicht nur das Aufstellen des Rückenkamms, das vielen Haltern sicherlich vertraut ist. Nein, tiefgreifende Veränderungen im Haarkleid können unterschiedlichste Ursachen haben und sind in jedem Fall beachtungswürdig. Besonders betroffen gemacht hat mich das Foto eines Rottweilers, der nach einer längeren Abwesenheit der Halterin vor Kummer und Stress völlig ergraut ist.
KOMMUNIKATION: HUNDE SPRECHEN SEHEN
In Teil 2 widmen sich die Autorinnen den Kommunikationssignalen der Hunde und stellen 18 unterschiedliche Bewegungen vor, von denen man einige auch unter dem Begriff “Beschwichtigungssignale” oder “Calming Signals” kennt: Züngeln, Abwenden, Bogen laufen, Verlangsamen, Pföteln, Gähnen. Besonders hilfreich für Hundebesitzer finde ich die Erklärungen zur Vorderkörpertiefstellung und dem verrückten Wegspringen. Denn erstere ist bei Weitem nicht immer eine lustige Spielaufforderung, sondern kann Konflikte anzeigen zwischen ambivalenten Gefühlen, etwa Unsicherheit und Neugierde.
Mein Hund zeigt häufig nach Hundebegegnungen verrücktes Wegspringen. Allein dieses Verhalten kann je nach Situation nicht nur zur Lösung einer angespannten Situation dienen, sondern auch zur Beschwichtigung des Gegenübers oder zum Abbau körperlicher Anspannung. Wer das als Spielaufforderung interpretiert, bringt seinen Hund womöglich unabsichtlich immer wieder in Situationen, die ihn überfordern und in die er durch sein Verhalten eben gerade nicht gebracht werden möchte.
EMOTIONEN SEHEN UND VERSTEHEN: DIE HOHE KUNST DES GENAUEN BLICKES
Wir Menschen sind immer sehr schnell mit Interpretationen hündischen Verhaltens. „Och, guck mal, wie traurig er schaut!“ oder „Schau mal der Blick! Der weiß genau, dass er etwas falsch gemacht hat!“
Viele unserer Redensweisen beziehen sich auf hündisches Ausdrucksverhalten: Jeder weiß, was mit „wie ein geprügelter Hund herumlaufen“ gemeint ist. Der Dackelblick, der einem auch noch das letzte Hemd auszuziehen vermag oder der „begossene Pudel“ – da entstehen sofort emotional besetzte Bilder im Kopf.
Emotionen jedoch ganz objektiv anhand körpersprachlicher Hinweise zu sehen und entsprechend zu interpretieren ist alles andere als leicht. Neben Mimik und Körperausdruck von Kopf bis Fuß brauchen wir immer auch einen situativen Kontext, um Verhalten korrekt beschreiben und einordnen zu können. Dieses Buch gibt eine Ahnung davon, wie gut man seinen Blick schulen kann, um die Vielzahl und Bedeutung hündischer Ausdrucksmöglichkeiten besser zu verstehen.
In Teil 3 des Werkes geht es schließlich um Emotionen in unterschiedlichen Ausprägungen: Stress, Angst, Traurigkeit, Ekel, Freude, Neugierde und Ärger, Wut und Zorn. Die Bilderserien zu den Verhaltensweisen bzw. Ausdrücken und den zugrunde liegenden Gefühlen sind unfassbar spannend. Ein Beispiel ist der Wutanfall eines Hundes am Zaun, als die Müllabfuhr kommt. Was sehen wir hier? Eine Menge!
- Aufgestelltes Fell im Schulterbereich
- Kopf und Hals strecken nach vorn
- Ohransatz und Blick nach vorne gerichtet
- In Falten gelegte Stirn und Nase
- Geöffnetes Maul mit kurzer Maulspalte
- Walauge
- obere Zahnreihe entblößt
Die Hund sind gewissenmaßen unter der Lupe: Die detaillierten Bilder offenbaren eine ungeahnte Fülle an Hinweisen für ihre Gefühlswelt.
EIN ECHTER AUGENÖFFNER
Es ist unglaublich faszinierend, die Feinheiten der Körpersprache anhand der Fotos und der Kurzerklärungen zu entdecken. Wie winzig die Unterschiede sind, wie fein die Gratwanderungen zwischen den Stimmungslagen oder Emotionen. Kein Wunder, dass Hunde Meister im Lesen der Körpersprache sind – auch der unsrigen.
Besonders gelungen ist, dass die Autorinnen viele unterschiedliche Hunderassen abgelichtet haben. So kommen auch schlappohrige, langhaarige und plattnasige Hunde „zu Wort“. Hier wird auch wieder einmal deutlich, wie sehr züchterisches Eingreifen die Sprache der Hunde limitiert – sei es durch ein faltiges Gesicht, einen fehlenden Schwanz oder Unmengen von Fell. Zu den Bildern gibt es jeweils knappe, leicht verständliche und enorm hilfreiche Erklärtexte. Dazwischen finden sich immer wieder etwas längere Anekdoten, Zeilen zu den einzelnen Körperpartien, zu wissenschaftlichen Studien oder auch Gastbeiträge geschätzter Kolleginnen und Kollegen. Den Schwerpunkt des Buches bilden aber die Fotografien – sie sind echte Augenöffner, sie zeigen, was in der Schnelligkeit der Bewegungen und der Hektik des Alltags eben allzu oft übersehen wird.
FAZIT:
Grandios, dieses Werk, uneingeschränkte und dringende Leseempfehlung für wirklich jeden, der – in welcher Form auch immer – mit Hunden zu tun hat. Deshalb: Absoluter Easy Dogs Insidertipp!
VERLAGSINFO:
- Hier kaufen
- Autor: Katja Krauß & Gabi Maue
- Verlag: Kynos Verlag
- Umfang: 624 Seiten
- Sprache: deutsch
- ISBN: 978-3954642168
- Preis: 59,95 €
ÜBER DEN AUTOR UND WEITERE MITWIRKENDE:
Katja Krauß ist staatlich anerkannte Hundesachverständige, TopTrainer** und leitet die Hundeschule GREH in Berlin. Sie ist außerdem Tellington TTouch Instructor (Ausbilderin), von denen es weltweit nur rund zwanzig gibt, für Hunde und Kleintiere. Sie hat bereits drei Hundebücher für verschiedene Verlage geschrieben und eine DVD auf den Markt gebracht. Ihr bekanntester Kunde ist der Scheich von Dubai, zu dem sie seit Jahren hinfliegt, um die dortigen Trainer zu schulen.
Gabi Maue ist Tellington TTouch Practitioner (Lehrerin) des Level 3 für Hunde und Kleintiere sowie Fotografin. Sie hält Seminare und Vorträge zur Tellington TTouch Methode, zu Kommunikation, Lernverhalten und Verhaltensauffälligkeiten sowie zur Neuropsychologie von Hunden.