Hat dein hibbeliger Junghund scheinbar Konfetti im Kopf?
Junge Hunde sind besonders, weil sie eine besondere Entwicklung durchlaufen. Was genau sich beim Junghund verändert, kannst du hier nachlesen.
Junge Hunde sind emotionaler als Welpen und erwachsene Hunde, sie reagieren schneller und heftiger auf Umweltreize, Stress und Angst werden schneller ausgelöst. Sie befinden sich in einem sensiblen Zustand, der sich über lange Zeit hinzieht und das herausfordernde daran ist, dass jeder Tag anders sein kann, ja, die Empfindlichkeit kann sich, wie bei einem menschlichen Teenager auch, vom einen auf den anderen Moment ändern.
Was also tun mit einem Hunde-Teenie, der manchmal nicht weiß wo vorne und hinten ist oder wie er heißt, der zwar ganz viel Abenteuerlust mitbringt, leider aber weder über die emotionale Stabilität noch über die notwendige Lebenserfahrung oder die entsprechenden Strategien verfügt mit der Welt in all ihren Facetten souverän umzugehen?
Mehr Training, Grenzen setzen und besonders konsequent sein ist nicht die Lösung. Im Gegenteil: Der sowieso schon stressanfällige Junghund erlebt dadurch nur noch mehr Stress und auch die Entwicklung einer sicheren Bindung und des Vertrauens des Hundes wird beeinträchtigt. Stattdessen ist es wichtig, sich mit den Bedürfnissen des Hundes intensiv auseinanderzusetzen. Mit den Bedürfnissen, die Hunde im Allgemeinen so haben, denen, die dein spezieller Hund hat und denen, die dein spezieller Hund hat, weil er sich gerade in einer sehr empfindlichen Lebensphase befindet.
Bei Junghunden ist es besonders häufig das Sicherheitbedürfnis, das getriggert wird. Der Hund erlebt Umweltreize, Artgenossen, Menschen und alles mögliche andere nicht (mehr) entspannt, sondern er empfindet sie im Vergleich zum Welpen oder erwachsenen Hund überdurchschnittlich oft als bedrohlich. Was sich dann selbstverständlich im Verhalten zeigt: Menschen, Hunde und Mülltonnen werden verbellt, der Hund möchte bestimmte Strecken nicht mehr gehen, er zeigt Meide- oder Abwehrverhalten bei Pflegemaßnahmen und auf einmal klappt das Alleinebleiben vielleicht nicht mehr so gut.
Jetzt gilt es einen Schritt zurückzutreten, durchzuatmen und Ruhe zu bewahren. All das ist für Junghunde völlig normal. Es sind die Veränderungen im Gehirn, die dazu führen. Mit Training kann man dagegen nicht angehen, man kann die Verhaltensänderungen nicht einfach wegtrainieren, wenn man nur genug tut und konsequent genug ist. Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht und was wir zuerst einmal tun müssen, ist zu akzeptieren, dass der junge Hund sich mental im Ausnahmezustand befindet. Und nur weil er unerwünschtes Verhalten zeigt, heißt das nicht, dass er ein Problemhund ist oder wird, wenn wir nicht entschieden dagegen vorgehen.
GANZ KONKRET SOLLTEST DU FOLGENDES TUN, UM DEINEM JUNGHUND UND DAMIT AUCH DIR DEN ALLTAG ZU ERLEICHTERN:
Stell deine Ansprüche und deine Erwartungshaltung zurück!
Dein junger Hund muss noch GAR NICHTS können. Und auch wenn er bisher immer toll auf den Rückruf gehört hat, kann es passieren, dass er es heute nicht tut. Verlass dich auf gar nichts, sondern handle stets vorausschauend, die Sicherheit deines Hundes und die Dritter im Blick. Mach lieber einmal mehr oder etwas früher die lange Leine dran, als dass du dich hinterher ärgerst oder schlimmer noch, sauer auf deinen Junghund wirst, denn der kann wirklich gar nichts dafür, dass er sich verhält, wie er sich eben verhält. Achte auf seine Tagesform!
Wenn dein Junghund schon morgens empfindlich auf Kleinigkeiten reagiert, beispielsweise die Mülltonne, die gestern noch nicht vor der Tür stand, dann solltest du es an diesem Tag ruhig angehen lassen. Geh an bekannten Orten spazieren, an denen sich dein Hund wohl und sicher fühlt und die er idealerweise schon mit vielen positiven Erlebnissen gemeinsam mit dir in Verbindung gebracht hat. Meide Situationen, die schwierig für deinen Hund werden könnten: Dazu gehören alle neuen Erlebnisse und natürlich auch Begegnungen mit fremden Artgenossen. Ein schöner Spaziergang in ruhiger Umgebung, eventuell auch mit einem Hundefreund, mit dem dein Hund entspannt unterwegs sein kann, ist genau das Richtige an solchen Tagen.
Sei deinem Hund der Freund, den du selbst dir wünschst!
Es gibt den schönen Spruch “Liebe mich am meisten, wenn ich es am wenigsten verdiene, denn dann brauche ich es am nötigsten.” Und auch wenn ich der Meinung bin, dass Liebe grundsätzlich immer etwas Bedingungsloses sein sollte, so steckt doch sehr viel Weisheit in diesem Satz. Dein Hund hat nur dich und er reagiert nicht absichtlich ungehalten und er will dich auch nicht blamieren. Gerätst du in eine schwierige Situation, mit der dein Hund überfordert ist, dann versuch ein paar Mal tief durchzuatmen, halte deinen Hund gut fest, wenn nötig und warte ab, bis der größte Sturm vorüber ist. Es bringt nichts, in solchen Situationen hektisch zu werden, auf Signale kann der Hund dann meistens eh nicht reagieren und was er braucht, ist ein Mensch, der ihm Halt geben kann. Wenn dir das nicht gut gelingt, keine Panik. Auch du bist ein Lebewesen, auch du gerätst manchmal in Angst, Stress oder bist mit einer Situation überfordert. Das ist völlig ok, wichtig ist nur, dass du dir dessen bewusst bist und dir ggf. Unterstützung suchst, damit du Tools an die Hand bekommst, die dir in diesen Situationen deine Selbstwirksamkeit und Handlungsfähigkeit zurückgeben. Eine gute Hundetrainer:in oder Verhaltensberater:in ist da oft schon eine große Hilfe.
Leg den Fokus auf das, was gut klappt!
Es gilt: Mehr vom Schönen. Alles was euch beiden Spaß macht und gut tut, solltet ihr so oft wie möglich machen. Gute Erlebnisse miteinander fördern den Aufbau einer sicheren Bindung und das gegenseitige Vertrauen. Kuschelt miteinander auf der Couch, spielt eure Lieblingsspiele, tobt durch den Garten oder über eine Wiese wo euch keiner stört (auch kein Reh oder Hase – im Zweifel, lass die lange Leine dran), übt kleine Tricks, die dein Hund schon kennt und gerne macht, lass deinen Hund Leckerchen suchen, leg ihm ein paar Dummies aus oder geh mit ihm zum Mantrailing, wenn es das ist, woran ihr Freude habt.
Schreib das Schöne auf!
Unser Kopf ist leider auch im 21. Jahrhundert noch steinzeitlich getaktet. Negatives hinterlässt einen dreimal stärkeren Eindruck bei uns als Positives. Aus evolutionsbiologischer Sicht ist das sinnvoll, denn dieser Sachverhalt sorgt dafür, dass wir negative Dinge meiden. In der Steinzeit war das der entscheidende Unterschied zwischen Überleben oder Sterben. Mit unserem Junghund macht er uns allerdings das Leben unnötig schwer. Deshalb ist es sehr sinnvoll, wenn du dir jeden Tag drei Sachen aufschreibst in Bezug auf deinen Hund:
Was war heute schön?
Worauf bist du heute stolz?
Wofür bist du heute dankbar?
Wenn du Spaß daran hast, dann gestalte dir eine hübsche Vorlage, die du dir an präsenter Stelle aufhängst und wo du jeden Abend diese drei Dinge eintragen kannst. Damit schaffst du dir gleichzeitig auch ein Mini-Tagebuch, das eine schöne Erinnerung sein kann, wenn dein Hund erst ganz vernünftig und erwachsen ist.
Tu etwas für dich selbst!
Einen Junghund zu begleiten kann sehr herausfordernd, manchmal nervig und stressig sein. Deshalb ist es wichtig, dass du selbst gut auf dich achtest, denn du kannst deinem Hund nur dann Halt und Unterstützung geben, wenn du selbst einigermaßen gut dastehst. Schau also unbedingt auch auf deine eigenen Bedürfnisse:
Was tut dir gut?
Wodurch kannst du deine Akkus wieder aufladen?
Was sorgt bei dir für Entspannung und gute Laune?
Integriere diese Dinge bewusst in deinen Alltag, blockiere dir Zeit dafür im Kalender. Und auch hier gibt es wieder einen schlauen Spruch: “Wenn du Zeit hast, verbringe jeden Tag eine Stunde im Wald. Wenn du keine Zeit hast, zwei.” Ersetze Wald durch “mit etwas, was dir gut tut”. In Sachen Junghund sind das oft Sachen OHNE eben diesen Junghund. Geh also in die Badewanne, lies ein gutes Buch, triff dich mit deiner besten Freundin auf einen Kaffee, geh zum Sport oder ins Kino – was auch immer es ist, was dir dabei hilft zu entspannen und Energie zurückzubekommen, tu es! Es kommt dir und deinem Hund auf jeden Fall zugute.
Zu guter Letzt, lass dir eins sagen: Es geht vorbei.
Es ist nur eine Phase. Auf die du irgendwann vielleicht sogar ein wenig wehmütig zurückschauen wirst, wenn du erstmal mit deinem gelassenen, erwachsenen Hund unterwegs bist und dir denkst:
“Hm, da hätte sie früher aber erst mal richtig bellen müssen. Wie vernünftig sie doch mittlerweile ist.”
(Beitrag aktualisiert: 13. Februar 2024)