Was ist ein negatives Markersignal? Wie kann man den Negativmarker im Alltag einsetzen?
Meinungsverschiedenheiten – ja, die gibt es in jeder Beziehung, so auch in der zu meinen Hunden. Parson Russel Terrierhündin Hermine war beim Zubettgehen der Meinung, es sei eine richtig gute Idee, ihr riesiges Rinderohr mit Fell in unserem Bett zu kauen. Ich war da anderer Meinung. Wie lösen wir das Problem? Hier geht es ganz klar um unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse.
Eine Möglichkeit wäre ein Kompromiss: Ich könnte eine Decke oder ein Handtuch aufs Bett legen und Mine dann darauf kauen lassen.
Aber ganz ehrlich: Nein.
Ich hab keine Lust auf diesen Kompromiss. Ich mag dieses angeschlonzte Ding nicht in meinem Bett haben.
Deshalb gab es für Hermine hier nur zwei Wahlmöglichkeiten:
- Im Bett liegen – dann aber ohne Rinderohr.
- Rinderohr kauen – dann aber auf dem orthopädischen,bequemen Hundebett auf dem Boden.
Nun ist Hermine ein Terrier und vermutlich ahnen Sie es bereits: Sie ist “diskussionsfreudig”. Und ich terriererprobt und “stur”.
Bei solchen Sachen gilt bei mir das Motto “Immer einmal mehr als du!” Hermine nimmt also das monströse Rinderohr und ebenso monströsen Anlauf und hopst ins Bett. Ich sage “äh-äh”, nehme ihr das Rinderohr ab und werfe es zurück aufs Hundebett. Hermine hopst vom Bett holt sich das Rinderohr, nimmt erneut Anlauf und – ich glaube ich kann mir weitere Worte sparen. Das Ganze haben wir 5 x durchgespielt, dann hat Mine eingesehen, dass ich den dickeren Schädel habe. Und in entspannter Bauchlage friedlich, noch für eine viertel Stunde, ihr Rinderohr auf dem Hundebett gekaut. Danach ist sie wieder ins Bett gehopst – ohne Rinderohr – und hat sich zur Nachtruhe niedergelegt.
Das “äh-äh” ist mein Negativmarker, den ich so breit wie möglich aufbaue. Er bekommt nach und nach die Bedeutung, dass das Verhalten, das der Hund da gerade zeigen möchte nicht funktionieren wird, dass sie aber jederzeit die Möglichkeit hat ein anderes Verhalten zu zeigen, das auch für mich in Ordnung ist. In diesem Fall eben:
Rinderohr + Bett = nein
Rinderohr + Hundebett = ja
Bett ohne Rinderohr = ja
Dabei provoziere ich keine Situationen, nur um den Negativmarker aufzubauen. Sondern ich nutze ihn dann, wenn diese Situationen eben auftreten. Ein weiteres Beispiel ist, dass ich die Box im Auto nicht öffne, wenn Hermine an der Klappe kratzt. Da sage ich “äh-äh” und nehme die Hände vom Reißverschluss.
Der Negativmarker ist für mich in solchen Situationen eine Möglichkeit klar zu kommunizieren. Hunde wie Hermine, die von klein auf lernen, dass sie Verhalten zeigen dürfen und sollen, weil sich jede Menge davon lohnt, lernen so sehr schnell, den Negativmarker als “Probier was anderes!” zu verstehen.
Er soll kein Verhalten hemmen, er soll lediglich vermitteln, dass es für gezeigtes Verhalten keinen Verstärker gibt, dass es nicht zum Erfolg führt.
Deshalb ist es auch extrem wichtig, dass a) der Hund belohnungsbasiert trainiert wird, b) seine Bedürfnisse, wo immer möglich, so gut es geht erfüllt werden, c) bei der Nutzung des Negativmarkers keinerlei Bedrohung von mir ausgeht. Einfach nur ruhig, völlig unaufgeregt, aber konsequent. Nö, ist nö und mach einfach was anderes.
Wichtig: Bei strafbasiert erzogenen Hunden (und dazu gehört auch die Kategorie “Zuckerbrot & Peitsche”, in der gutes Verhalten zwar belohnt, unerwünschtes aber trotzdessen bestraft wird, damit es nicht mehr auftritt), kann der Negativmarker so wie von mir beschrieben nicht eingesetzt werden. Da diese Hunde in ihrem Verhalten ständig gehemmt werden, können sie nicht einfach ein anderes Verhalten ausprobieren, schlicht, weil sie das nie kennengelernt haben. Ein bisschen nett trainieren ist halt nicht genug. Das Gesamtpaket macht es aus und ein liebevoller, fairer Umgang mit dem Hund sollte immer an erster Stelle stehen.