Aufwärmen und Abwärmen des Hundes: auf diese Punkte sollten Sie achten
FÜR WELCHEN HUND IST DAS RICHTIGE WARM-UP UND COOL-DOWN WICHTIG?
Brauchen nur im Sport geführte Hunde ein sinnvolles Auf- und Abwärmprogramm – oder soll man Hunde auch vor dem ausgiebigen Ballspiel und Toberunde unter Hundekumpels aufwärmen?
Wer in seinem Leben schon regelmäßig Sport betrieben hat, der kennt es: “zuerst aufwärmen, dann Sport betreiben und dann abwärmen.”. Es würde wohl keinem von uns einfallen, aus dem Auto auszusteigen, einen 100 Meter Sprint hinlegen zu wollen und sich dann ins Auto zurückzusetzen, um nach Hause zu fahren. Und ja, natürlich wäre das leistungstechnisch nicht sonderlich sinnvoll, aber noch viel gravierender wären wohl die gesundheitlichen Folgen.
Die Frage, die sich nun stellt lautet:
AUF- UND WIEDER ABWÄRMEN: WIE IST DAS BEI UNSEREN HUNDEN?
Achten wir darauf sie aufzuwärmen bevor sie Sport treiben, gilt das eigentlich nur für Sporthunde, reicht es „nur den Körper“ auf Leistungen einzustimmen oder sollte da noch mehr bedacht werden und, last but not least, was ist mit uns Menschen?
Schauen wir uns die Thematik der Reihe nach an. Ich denke die Frage, ob aufwärmen nur für Sporthunde wichtig ist, kann mit einem klaren Nein beantwortet werden. Denn weder Muskeln, Sehnen und Bänder, noch das Skelett unserer Hunde unterscheiden, ob sie ungedehnt und „kalt“ los sprinten, weil das zum Sport gehört oder weil am Spaziergang ein Bällchen fliegt. Ich meine allerdings, dass sich mittlerweile die überwiegend große Mehrheit an Hundesportlern durchaus bewusst ist, dass aufwärmen zum Training dazu gehört. Bei den Nichtsportlern sehe ich hingegen leider immer wieder mal Hunde, die aus dem Auto raus in den 100 Meter Sprint geschickt werden. Ich denke also da wäre schon noch ein bisschen Luft nach oben.
WIE ABER WÄRME ICH MEINEN HUND AUF, FRAGT SICH NUN WOHL DER EINE ODER DIE ANDERE? BRAUCHE ICH DAZU EINE BESONDERE AUSRÜSTUNG, IST DAS AUFWÄNDIG?
Nein, es ist weder sonderlich aufwändig, noch brauchen Sie besondere Ausrüstung und es beansprucht auch gar nicht so viel Zeit. In erster Linie geht es darum, dass Sie dem Hund durch kleine Lockerungs- und Dehnungsübungen dabei helfen, seinen Körper auf Betriebstemperatur zu bringen. Und ich bin sicher, da gibt es eine Reihe von Tricks und Übungen die Sie schon kennen und die ganz einfach in den Spaziergang zu integrieren sind.
Zu den Übungen gehören zum Beispiel:
- die 8 durch die Beine,
- der Diener,
- Pfote geben,
- Männchen machen,
- strecken,
- Twist und Spin (der Hund dreht sich im und gegen den Uhrzeigersinn um sich selbst)
- sowie ein paar Minuten im lockeren Trab, bevor wir den Hund losrasen lassen.
Auch die Umgebung am Spaziergang kannst man einfach in das Aufwärmprogramm einbeziehen: Den Hund an einem umgefallenen Baumstamm hochklettern lassen, ein bisschen Balance-Übungen machen usw. Und wer den Hund aufwärmt, weil er anschließend Sport mit ihm betreiben möchte, der wird darauf achten, dass er beim Aufwärmen ein besonderes Augenmerk auf die Muskeln legt, die bei der jeweiligen Sportart besonders beansprucht werden.
War es das schon? Ja und nein, Ihr Hund ist nun körperlich gut vorbereitet, aber – und ja auch hier sind die Unterschiede zwischen Hundesport und Spaziergang schlussendlich nicht so groß – es geht nicht nur um den Körper, sondern eben auch um den Geist.
“Aha“, denkt sich nun wohl so mancher, “mag beim Hundesport ja noch irgendwie stimmen, da macht es schon Sinn, wenn der Hund nicht nur körperlich fit und aufgewärmt, sondern auch konzentriert bei der Sache ist, aber beim Spaziergang? Darf der Hund da nicht einfach mal die Seele baumeln lassen?“
Absolut, soll er sogar! Ich finde ein Spaziergang, bei dem Hund ständig darauf konzentriert sein muss, was sein Mensch macht und von ihm möchte, ist vieles, aber eben kein wirklicher Spaziergang. Nur gibt es da zwei kleine, aber wichtige Dinge, die wir nicht ganz außer Acht lassen dürfen – Erregungsniveau und Impulskontrolle! Und ja, das gilt für Sport und Freizeit gleichermaßen.
WAS ABER IST IMPULSKONTROLLE UND WAS MEINE ICH MIT ERREGUNGSNIVEAU?
Impulskontrolle meint, mal ganz grob gesagt, die Fähigkeit Emotionen und Handlungen kontrollieren zu können. Wenn es der Hund beispielsweise schafft, den Hasen zu beobachten anstatt hinterherzuhetzen, dann braucht er dazu Impulskontrolle. Wenn Sie Ihren Hund aus dem Spiel zurückrufen ebenso, er muss ja bewusst eine Handlung unterbrechen, um eine andere zu tun. Klingt, denke ich, recht plausibel und ist an und für sich nichts schlimmes, aber es gibt ein paar Dinge die wir Hundehalter im Zusammenhang mit Impulskontrolle nicht vergessen dürfen. Die erste und wichtigste lautet: Impulskontrolle ist endlich, oder anders gesagt, Impulskontrolle braucht Impulskontrolle.
Wir können uns das vorstellen, wie bei der Batterie einer Taschenlampe, die ist am Anfang auf 100% geladen, aber jedes Mal wenn wir das Licht anmachen, sinkt der Ladegrad und irgendwann ist Schluss mit Licht!
Oder aber, stellen Sie sich einfach vor, Sie hatten einen stressigen Tag. Schon am Morgen haben Sie sich den Zeh angestoßen, auf dem Weg zur Arbeit Stau ohne Ende, die Kolleginnen wollten hundert Dinge gleichzeitig und der Chef hat natürlich fünf Minuten vor Feierabend noch eine unglaublich wichtige Sache, die sofort erledigt werden muss. Und Sie haben tapfer den ganzen Tag gelächelt und sind ruhig und freundlich geblieben. Nun endlich sind Sie zu Hause, da kommt der Partner und sagt „Gibts heute kein Abendbrot?“…und ja genau, da explodieren Sie, und schnauzen ihn an. Was ist passiert? Die Impulskontrolle war einfach aufgebraucht, die Batterie leer. Sie konnten Ihre Emotionen, Ihre Handlung nicht mehr bewusst kontrollieren. Unseren Hunden geht es genauso!
Und nun warum schreibe ich das hier? Weil es, wie bei uns Menschen auch, Hunde gibt, die von Natur aus ein recht gelassenes Gemüt haben und andere wiederum, die ganz schnell hochfahren, also ganz schnell sehr viel Batterie verbrauchen. Und genau das sollten Sie bei Ihrem Sporthund, aber genauso bei der Freizeit mit dem Hund, beim Spaziergang beachten. Es gibt ein paar Faktoren die Impulskontrolle begünstigen oder eben nicht.
Junghunde haben meist eine wesentlich niedrigere Impulskontrolle, als abgeklärte erwachsene Hunde. Auch korrelieren Größe und Impulskontrolle, hier gilt je größer, schwerer (nicht dick!) der Hund, desto höher ist wahrscheinlich seine Impulskontrolle. Auch die Rasse des Hundes spielt eine Rolle. So sind zum Beispiel Hütehunde, die ja bei ihrer ursprünglichen Arbeit oft auf kleine und kleinste Bewegungsreize reagieren müssen, häufig mit einem niedrigen Maß an Impulskontrolle ausgestattet.
Konkret meine ich damit, mit einem Hund, der ganz schnell hochfährt und dann eventuell nicht mehr im Stande ist, seine Handlungen und Emotionen zu kontrollieren, sollten eben diese Gegebenheiten beim Sport und/oder beim Spaziergang berücksichtigt werden.
Die Trainingseinheiten sollten so ausgerichtet sein, dass der Hund nicht an seine Grenzen kommt. Sie können ihm durch gezielte Übungen zeigen, wie er die stressigen Situationen bewältigen kann. Sie sollten Ihr Training so gestalten, dass das Stresslevel für den Hund nicht zu hoch schießt. Sprechen Sie Ihren Hund immer wieder mal an, überprüfen Sie sorgfältig, ob er noch zuhören kann, handeln Sie getreu dem Motto „weniger ist mehr“!
Und beim Spaziergang? Nun, auch dort ist es Ihre Aufgabe, den Spaziergang so zu gestalten, dass der Spaziergang für alle Beteiligten entspannend ist. Das heißt nicht, dass keine Action, kein laufen, kein Ballspiel stattfinden dürfen, das heißt vielmehr, dass Sie überlegen und beobachten sollten, wieviel Eindrücke (Menschen, Hunde, Wildtiere, Gerüche, Geräusche,…) und wieviel fliegende Bällchen für genau Ihren Hund gut sind.
Ein Hund der mit irrem Blick, völlig außer sich, im Zweifelsfall laut bellend, durch den Parcours jagt oder den Spazierweg entlang läuft, ist sicher nicht das, was wir uns als Ziel setzen sollten.
Eine Antwort bin ich Ihnen im Zusammenhang mit dem Thema Impulskontrolle noch schuldig geblieben: Wie lädt sie sich denn wieder auf – oder ist sie einmal alle, futsch und weg? Nein, keine Sorge, Impulskontrolle lädt sich immer wieder auf und alles was der Hund dazu braucht ist Ruhe, Entspannung und eine gute Mütze voll Schlaf!
UND WAS IST DAS MIT DEM ERREGUNGSNIVEAU?
Ich denke Sie ahnen es schon, das Erregungsniveau und die Impulskontrolle gehen Hand in Hand.
Ein Hund der wenig Impulskontrolle hat oder dessen Batterien schon Richtung roten Bereich tendieren, kommt ganz schnell in ein hohes Erregungsniveau. Und umgekehrt: Ein hohes Erregungsniveau ist Gift für die Impulskontrolle. Und auch hier gilt, Sie sollten Ihren Hund nicht in Watte packen. Natürlich kann ein Hund auch mal eine stressige, aufregende Situation erleben, aber Sie sollten Ihren Hund gut kennen und beobachten, um zu wissen, ob ihr euch vielleicht eher nur für einen Tag beim mehrtägigen Turnier anmeldet, weil alles andere für genau Ihren Hund zu viel wäre. Sie entscheiden, ob Sie beim Spaziergang genau zwei Mal ein Bällchen schmeißen oder ob Ihr Hund einer von denen ist, die auch nach fünf Minuten Spiel und Aktion noch klar in der Birne ist.
Und ja, es geht hier zum einen um die psychische Gesundheit des Hundes, weil ein zu hohes Maß an Stress auf Dauer einfach nicht gesund ist. Zum Anderen geht es aber auch um Ihre Gesundheit und die der anderen Zwei- und Vierbeiner. Wie ich das meine? Nun eigentlich ganz einfach, Sie erinnern sich sicher noch an das Beispiel mit dem Abendbrot am Anfang dieses Artikels. Da lagen die Nerven blank und die Reaktion auf die eigentlich harmlose Frage war doch etwas überzogen. Das gleiche passiert auch bei Hunden, die in einer (zu) hohen Erregungslage sind und wird durch mangelnde Impulskontrolle begünstigt. Da landen dann die Zähne in dem Hund der eigentlich nur harmlos vorbeispaziert ist, da hängt der Hund an unserem Arm, da schießt der eigentlich gut trainierte jagdlich ambitionierte Hund, beim Anblick von Reh Nummer 5 am selben Spaziergang, dann doch unkontrolliert dem Wild hinterher, obwohl er eigentlich was anderes gelernt hat. Da beißt „Bela“ scheinbar unkontrolliert ins Bällchen und schnappt nach Ihnen wenn Sie dieses wegpacken möchten. Viele Hunde, viele Menschen, viel Aufregung, schließlich geht es ja um etwas. Wenn nun auch noch wir Menschen Stress und Aufregung ausstrahlen, vielleicht sogar Unsicherheit, weil wir in Gedanken noch beim letzten Training sind, wo Übung X gar nicht gut geklappt hat, dann tun wir uns und unseren Hunden keinen Gefallen. Vielmehr sollen und dürfen wir ähnlich agieren wie das gute Coaches im Sportbereich auch tun. Motivieren, Ruhe, Sicherheit und Zuversicht vermitteln, das ist unsere Aufgabe, das ist Teil des Aufwärmens. Das heißt Sie sind zum einen angehalten sich zu hinterfragen, was Sie wirklich denken, das heißt zum anderen, dass Sie mit Ihrem Hund im Training sicherlich ein Ritual aufgebaut haben. Ein Ritual das neben der physischen Einwärmung, Dinge wie Konzentration, Ruhe und Sicherheit berücksichtigt. Ob das nun heißt, ein kurzer Spaziergang, ein bestimmtes Spielritual, eine bestimmte Abfolge der Aufwärmübungen, das kann nur individuell beantwortet werden, indem Sie immer besser lernen sich und Ihren Hund zu beobachten. Ich kann Ihnen zum Beispiel sagen, dass mein Balou ein Hund ist, dem es hilft, wenn er erstmal die Umgebung erkunden darf, der gerne das Geschehen um ihn herum erstmal beobachtet bevor er loslegt. Mit Smilla wäre so ein Vorgehen hingegen eher kontraproduktiv, vielen fremden Hunden zuschauen zu müssen, Jubel, Anspannung etc. würden bei ihr dazu führen, dass ihre Impulskontrolle verbraucht ist, bevor wir überhaupt ans Loslegen denken könnten.
Und beim Spaziergang, in der Freizeit? Sie werden vielleicht nicht unbedingt ein „jetzt geht es los“ Ritual brauchen, aber auch hier gilt, wenn wir beim los starten und schon aufgeregt sind, weil es ja sein könnte, dass wir wieder auf fremde Hunde treffen und dann geht die Bellerei wieder los, dann ist das wenig hilfreich für uns und unseren Hund. Erinnere Sie sich lieber an die schönen Augenblicke vom letzten Tag, an die Momente wo Sie zufrieden und gelassen durch die Pampa gezogen seid, und starten mit diesen Bildern im Kopf.
Fertig? Nicht ganz, weil wo aufwärmen ein Thema ist, kann ich abwärmen nicht ganz außen vor lassen. Und ja auch hier: Stecken Sie Ihren Hund nicht einfach ins Auto, sobald die Trainingseinheit vorüber ist oder Sie nach dem Tob- und Laufspaziergang zurück Wagen sind. Geben wir den Muskeln, Bändern und Sehnen Zeit etwas abzukühlen, machen wir mit dem Hund ein paar Dehnübungen und helfen ihm auch aus der Aufregung wieder zurück in die Ruhe zu kommen!
Ich denke zusammenfassend kann man sagen, dass jede sportliche Aktivität mit unserem Hund eine tolle Sache ist, ein Moment der verbindet, wenn da ein paar, wie ich meine, wichtige, aber nicht schwierige Regeln eingehalten werden!