Hilfe, mein Hund frisst Pferdeäpfel & Co.: Ursachen und Trainingsmöglichkeiten bei Allesfressern
WELCHE URSACHEN KANN ES HABEN, WENN DER HUND ALLES MÖGLICHE VOM BODEN FRISST?
Es ist eine unangenehme Angewohnheit, wenn unsere Vierbeiner alles fressen, was ihnen vor die Nase kommt. Gerade in Zeiten mit immer häufigeren Giftköderwarnungen ist man als Hundehalter:in alarmiert. Viele Dinge, die unsere Hunde finden und fressen möchten, sind für unsere Vierbeiner schädlich oder einfach sehr eklig. Hunde sind Omnivoren, sogenannte Allesfresser. Das erklärt, warum für sie ein breites Spektrum an möglicher Nahrung interessant ist. Für den Menschen Ekliges, z. B. Kuhfladen & Co., ist für manchen Vierbeiner eine willkommene Köstlichkeit. Aber warum frisst Bello solche Sachen? Frisst er nur eine bestimmte Sache immer wieder, oder viele verschiedene? Werden essbare oder nicht essbare Dinge verspeist?
Meine Hündin Finny fraß als Junghund alles, was sie finden konnte. Das Fressen zu verhindern, in dem ich ihr nachlief und die gefundene Leckerei gegen ein Leckerchen tauschen wollte, erwies sich als nicht umsetzbare Strategie.
Sobald sie im Freilauf etwas roch, rannte sie teilweise einige hundert Meter weit, um es zu fressen. Mit Vorliebe Pferdeäpfel oder Wildschweinkot. Besonders große Sorgen machte mir das oft darin enthaltene Getreide, auf das sie mit heftigen Allergieschüben reagierte.
Auf der Suche nach einer Lösung stieß ich auf die Trainingsansätze von CumCane nach Dr. Ute Blaschke-Berthold. Endlich wurde mir bewusst, dass ich nach der Ursache des Problems suchen musste. Im Alter von 10 Monaten wurden bei Finny diverse Allergien diagnostiziert, sowohl Futter- als auch Umweltallergien. Deshalb litt Finny unter ständigem Juckreiz, und um den Stress zu kompensieren, suchte sie permanent nach Essbarem. Mit der Diagnose stellten wir Finnys Ernährung um, und begannen Umweltallergene so gut wie möglich zu meiden. Sie bekam anfangs Medikamente, um den Juckreiz und somit den Stress zu reduzieren. Mit 18 Monaten wurde bei Finny neben den Allergien eine Schilddrüsenunterfunktion festgestellt. Wir gingen in müllfreien Gebieten Gassi oder nutzten die Leine als sinnvolles Management. Das Finden von Essbarem wurde positiv verknüpft und ein Alternativverhalten in Form eines Anzeigeverhaltens trainiert: Finny lernte, Essbares anzuzeigen.
Dieses Beispiel zeigt, dass oftmals vorher nicht bekannte Ursachen zum unerwünschten Fressverhalten führen können. Man kann zwischen dem Aufnehmen von essbaren und nicht essbaren Dingen (Giftköder) unterscheiden. Es gibt auch Hunde, die unverdauliche, teilweise gefährliche oder spitze Gegenstände fressen, z.B. Socken oder Plastikteile. Die Ursachen für das „Staubsaugen“ können sehr unterschiedlich sein.
EINIGE MÖGLICHE URSACHEN:
- Stress
- Ressourcenverteidigung
- Allergien
- Mangel an bestimmten Nährstoffen
- Schilddrüsenunterfunktion und andere Erkrankungen
- PICA-Syndrom
- Erlerntes Verhalten, z. B. durch falsches Timing, versteckte Verstärker (Aufmerksamkeit!) oder ungünstig umgesetzte Trainingstechniken durch den Halter unbewusst verstärkt
- Bei Welpen und Junghunden Erforschen der Umwelt
- Weil es schmeckt
Sobald die Ursache für das „Draußenstaubsaugen“ bekannt ist, kann ein Training beginnen. Wie so ein Training aufgebaut werden kann, erfahren Sie in meinem zweiten Artikel.
WAS KANN MAN TUN?
Zunächst ist es sinnvoll, auf Ursachenforschung zu gehen und eventuelle Erkrankungen behandeln zu lassen. Wenn die Ursache für das Fressen bekannt ist, kann ein gezieltes Training beginnen.
Bei Finnys Problematik „Fressen von Pferdeäpfeln und Kot“ war das Training in verschiedene Bereiche unterteilt. Im Rahmen des Managements kam der Hund für den Trainingszeitraum in bestimmten Gebieten an die Schleppleine. Die Gassistrecken wählten wir so, dass Finny nicht jeden Tag mit den Auslösern konfrontiert wurde.
In Trainingssituationen war der erste Schritt, dass ich lernen musste, ruhig zu bleiben, wenn sie etwas Essbares findet. Der Hund soll lernen: Wenn er etwas findet, bekommt er eine Belohnung von seiner Bezugsperson. Das Ziel ist Kooperation statt Konkurrenz an den Leckereien. Der Einsatz von unterschiedlichen Belohnungen (Top-20-Belohnungsliste) ist sinnvoll, hierbei sollten vor allem funktionale Verstärker zum Einsatz kommen. Funktionale Verstärker sind Belohnungen, die genau der Motivation des Hundes entsprechen und somit das von uns gewünschte Verhalten effektiv verstärken.
Das Trainieren eines Alternativverhaltens ist eine sinnvolle Möglichkeit. Der Hund lernt so, gefundene Leckereien anzuzeigen, statt sie einfach zu fressen. Parallel sollte ein positiv aufgebautes Aus-Signal für den Notfall trainiert werden.
WAS SOLLTE MAN VERMEIDEN?
Trainingstechniken, die auf Strafe oder körperlicher Einschränkung basieren, sowie aufgeregtes Schimpfen, wenn der Hund etwas Essbares findet, sollten vermieden werden. Dies führt in der Regel nur dazu, dass der Hund das Gefundene noch schneller herunterschluckt oder beim nächsten Mal damit wegrennt, um seine Beute zu sichern.
Lesenswert dazu ist der Beitrag “Antigiftködertraining – 3 Fehler, die ich gemacht habe” von Hundetrainerkollegin Ulrike Seumel
Empfehlenswerte DVD:
- Anti-Giftköder-Training, Sonja Meiburg
(Beitrag aktualisiert: August 2023)